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Sven Peters von Atlassian über Teamwork und OKRs bei Atlassian

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Inspirierende Veröffentlichungen, kurze Einblicke in unser Denken, Anreize zum Nachdenken - all dies bietet dieser Blog als Sammlung zu den Themen Entrepreneurship, Management und Leadership. 

Sven Peters von Atlassian über Teamwork und OKRs bei Atlassian

Korbinian Riedl

Sven Peters ist Software Developer und versteht eine ganze Menge darüber, wie Teams funktionieren.
Im Interview gewährt er uns interessante Einblicke in die Welt von Atlassian. Er spricht darüber, welche Rolle dort das Thema Vision spielt und welchen Stellenwert gutes Teamwork hat. Natürlich sprechen wir auch darüber, welche Rolle OKRs bei Atlassian spielen.

Hallo Sven. Kannst du uns zum Einstieg einmal kurz erklären was genau deine Rolle bei Atlassian ist und welche Aufgaben du dort übernimmst?

Gar nicht so einfach. Ich würde mich als Team oder Technologie Evangelist bezeichnen. Ich bin viel auf Konferenzen unterwegs und erzähle, wie wir Teams organisieren und wie unsere Teams zusammenarbeiten.
Von Haus aus bin ich Software Entwickler und habe in dem Bereich auch über Jahre gearbeitet, bevor ich ins Marketing gewechselt bin. Ich verstehe wie Software-Entwicklung funktioniert und ich verstehe auch wie Teams funktionieren. Das versuche ich in meinen Vorträgen zusammenzubringen.

Außerdem helfe ich anderen Atlassianern, auf Konferenzen zu sprechen und leite das Sprecherprogramm bei Atlassian. Das heißt ich suche Konferenzen heraus, auf denen wir präsent sein wollen und suche bei Atlassian Mitarbeiter, von denen ich weiß, dass sie gut sprechen und die ein entsprechendes Thema haben.

Als Drittes bin ich verantwortlich für die inhaltliche Ausrichtung unserer eigenen Konferenzen. Sprich den Atlassian Summit, der dieses Jahr in San Jose, in den USA und im Mai in Barcelona auch zum ersten Mal in Europa stattfindet. Dafür leite ich das Programm-Komitee, bin verantwortlich für die Talk-Auswahl, stelle die Agenda zusammen usw.

In deinen Vorträgen geht es also hauptsächlich darum wie man Teams organisiert, wie sie zusammenarbeiten sollten und im Bezug auf Atlassian auch darum, welche Tools dabei unterstützen können?

Die Tools stehen gar nicht so im Vordergrund. Es geht eher allgemein um Best Practices und darüber wie wir bei Atlassian arbeiten. Das muss nicht mit unseren Tools zusammenhängen. Natürlich kommt dabei z.B. auch Confluence vor, es könnte aber durch jedes andere Collaboration-Tool ausgetauscht werden. Viel mehr geht es darum, dass sich Leute mehr Gedanken um Teamarbeit machen sollten, anstatt ständig über Technologien – gerade im Software-Bereich redet man gerne über coole neue Technologien – zu reden. Ich glaube es ist viel viel wichtiger, dass man eine Kultur schafft, in der sich das Team wohlfühlt und in der man als Team gut zusammenarbeiten kann. Das bringt im Endeffekt viel mehr als irgendwelche Technologie-Diskussionen.

Wie wichtig, oder wertvoll ist es für ein Team, dass im Unternehmen eine klare Vision definiert ist, an der man sich orientieren kann.

Ja klar. Anstatt den Teams ständig kleine Häppchen vorzuwerfen, die sie abarbeiten sollen gibt die Vision einen Rahmen vor, innerhalb dessen man sich bewegen sollte. Die grobe Richtung sozusagen. Und das ist schon ganz wichtig, dass man das in der täglichen Arbeit - wo es oft mehr ums klein-klein geht - nicht vergisst und dass alle Teams in dieselbe Richtung laufen. Eine klare Vision gibt hier die Richtung vor.

Jedem klar zu machen was die Vision ist und auch zuzulassen, dass sie einen hohen Stellenwert bekommt – ich glaube, das ist hier die Herausforderung der Unternehmen. Zum einen die Vision zu verbreiten und jedem klar zu machen was dahinter steht und was das bedeutet. Und zum anderen, dass das Management zulässt, dass Leute unabhängig nach dieser Vision arbeiten und auch das Argument: „Das entspricht aber nicht unserer Vision“ akzeptiert.
Die große Herausforderung ist, sich wirklich auf die Vision und auf das was fürs Unternehmen wichtig ist zu fokussieren.

Wie wird das Thema Vision/Mission bei Atlassian gehandhabt?

Wir nutzen dafür ein System Namens VTFM. VTFM steht für Vision, Theme, Focus, Measurment. Das V steht für die große, übergeordnete Vision die wir im Abstand von zwei Jahren überprüfen: Wie sehen wir Atlassian in 2 Jahren? Wo wollen wir hinkommen? Was ist unser großes Ziel? Daraus ergeben sich dann die Themes (T). Die nächste Ebene sind die Focus Areas (F), die jährlich definiert werden. Focus Areas sind dann schon sehr konkret und pushen uns in eine bestimmte Richtung. Im vergangenen Jahr hatten wir z.B. Mobile als Focus Area, weil uns der Bereich zu dem Zeitpunkt besonders wichtig war und wir große Fortschritte machen wollten. Um die Focus Area wurde dann ein Team aufgebaut und alle haben versucht das Team zu unterstützen. Für jede Focus Area gibt es dann verschiedene Measurments (M) anhand derer wir überprüfen was wir erreicht haben und wie wir gerade dastehen. Sozusagen Key Results für unsere Focus Areas.

VTFM stellt für uns also eine Art Skelett dar, das uns hilft, das Unternehmen richtig auszurichten und die Vision nicht aus den Augen zu verlieren.

Neben VTFM nutzt Atlassian auch das OKR Modell. Wie handhabt ihr die beiden Modelle nebeneinander?

Hier haben wir keine klare Hierarchie zwischen den Modellen. Je nach Focus Area sind manche Mitarbeiter mehr davon betroffen als andere. Die Focus Area Mobile ist in meinen OKRs zum Beispiel eher weniger aufgetaucht – wir mussten erst einmal die App entwickeln. Der Fokus meiner OKRs lag dann auf anderen Bereichen. Wenn die Focus Area meinen Bereich betrifft, würde ich sagen, dass die OKRs immer auf die Focus Area einzahlen. Aber es gibt keine festgelegte Beziehung oder Hierarchie zwischen VTFM und OKRs. Beide Methoden helfen uns dabei, die richtige Richtung beizubehalten, spiegeln aber nicht unbedingt 1:1 unsere tägliche Arbeit wieder.

Wie präsent sind deine OKRs dann in deinem Arbeitsalltag? Wie helfen sie dir bei dem was du tust?

Zunächst einmal haben wir das Modell auf 2-3 Objectives reduziert und diese 2-3 Os sind bei mir stets präsent in der täglichen Arbeit. Sie tauchen nicht immer 1:1 darin auf, aber ich kenne natürlich meine Ziele. Das kommt auch durch die Reduktion – es sind nicht 20 Ziele, sondern ein paar wenige, die ich an einer Hand abzählen kann. Dasselbe gilt für die Key Results.
Dann gibt es monatliche Check-Ins, d.h. wir müssen mindestens einmal im Monat ein Update zu unseren OKRs geben, in dem wir nicht nur sagen wo wir im Moment stehen, sondern auch wie wir denken, dass wir am Ende des Quartals dastehen. Das hilft dabei zu sehen, auf welche Bereiche man sich fokussieren sollte. Beispielsweise weiß man, wenn man bei einem O schon ganz gut dasteht und bei einem anderen noch nicht so weit vorangekommen ist, worauf man seine Zeit verwenden sollte. Ich schaue öfter in meine OKRs, aber wir haben uns erst mal auf ein monatliches, auch schriftliches Update geeinigt.

Verwendet Ihr neben OKR und VTFM noch weitere Methoden wie z.B. SCRUM oder Kanban?

Das kommt bei uns sehr stark auf die Teams an und darauf was gerade gebraucht wird. Manchmal passt Kanban, für andere Projekte passt SCRUM besser. Oft läuft es auf eine Mischung aus beiden hinaus – eine Art SCRUMBAN. Wir geben hier keine Richtung vor und sagen alle müssen nach einer bestimmten Methode arbeiten. Am Ende müssen die Teams ihre Ziele erreichen und den Kunden glücklich machen. Der Weg dahin ist für jedes Team unterschiedlich und jedes Team ist anders zusammengesetzt. Deshalb geben wir hier auch relativ wenig vor. Beispielsweise muss auch nicht jedes Team seine einzelnen Tasks in JIRA anlegen. Dort werden große Projekte festgehalten die wir auch wöchentlich updaten müssen. Hierzu haben wir uns Microservices geschrieben: wer sein Update nicht macht bekommt automatisch eine Erinnerung von unserem Founder. Dort werden auch die Projektziele festgehalten, die mit den OKRs verlinkt werden können, aber nicht müssen. Es kann auch vorkommen, dass es zu einem Objective kein konkretes Projekt gibt, bzw. gehen viele Projekte über die drei Monate hinaus. Man kann sich dann natürlich Meilensteine des Projekts in die OKRs nehmen – das wird aber je nach Situation sehr unterschiedlich gehandhabt.

Diese Arbeitsweise erfordert großes Vertrauen seitens des Managements. Denkst du, dass Modelle wie VTFM oder das OKR-Modell eurem Management dabei helfen, auf der einen Seite große Freiheiten zu geben und gleichzeitig die Kontrolle zu behalten?

Klar. Wir wollen gerne autonome Teams und glauben, dass man die besten Resultate bekommt, wenn man den Teams die Freiheit gibt, sich so zu entfalten wie sie es brauchen. Sie können natürlich nicht einfach machen wozu sie Lust haben – ich hoffe schon, dass sie auf das was sie machen Lust haben – aber sie können einfach den Weg wählen, der für das Team am besten ist. Natürlich muss man in einem großen Unternehmen wie Atlassian mit 2000 Mitarbeitern darauf achten wo der Hase hinläuft. Aber deshalb einen festgelegten Prozess über alle Teams zu stülpen schien uns nicht die richtige Lösung. Wir haben uns anstatt dessen dafür entschieden, den Teams Freiheiten zu geben und dafür eine gewisse Transparenz einzufordern – z.B. mit Hilfe der OKRs. Jeder kann die OKRs der anderen einsehen. Ich kann jederzeit die OKRs unseres Leadership-Teams einsehen. Ich kann die OKRs des Teams nebenan sehen. Das hilft uns auch dabei unsere Ziele aufeinander auszurichten.
Ich glaube, dass eine Mischung aus Autonomie und Transparenz uns die Möglichkeit gibt, das beste aus den Teams herauszuholen ohne den Fokus zu verlieren. Das spiegelt sich auch in unserer Kultur wieder. Das beinhaltet, dass wir wirklich alles miteinander teilen. Ich brauche täglich ca. eine halbe Stunde um mir anzusehen, welche Blog-Posts geschrieben wurden, was die Teams gerade machen, welche Gedanken es im Unternehmen gibt usw. Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Transparenz zu haben, zu wissen was andere Teams machen und zu wissen wo die Reise hingeht.
Für uns funktioniert diese Mischung aus Autonomie, Transparenz und leichtgewichtigen Prozessen sehr gut und die Verantwortung kann an die Teams abgegeben werden.

Wo findet die Kommunikation zu den Projekten, Zielen, Teams etc. statt?

Das findet alles in Confluence statt. Wir haben dafür eine Confluence-Instanz auf der alle arbeiten. Von Requirements bis hin zu „Wie sollen wir unsere neuen Meeting-Räume benennen?“ steht da alles drin und es wird über alles gebloggt. Ich glaube, es ist auch wichtig, alle auf einer Plattform zu vereinen, wo man auch miteinander sprechen kann und Themen nicht einfach von oben nach unten gedrückt werden, sondern wo jeder seine Meinung äußern und Kommentare abgeben kann.

Das heißt, dort sind auch die OKRs beheimatet. Wie verwaltet Ihr eure Objectives und Key Results in Confluence?

Genau. Jedes Team hat seine OKRs auf einer Seite. Damit die Seiten alle gleich aufgebaut sind, haben wir dafür ein Template erstellt. Um die einzelnen Team-OKRs auf Abteilungs-Ebene zu berichten nutzen wir das Exerpt-Include macro. Dabei können die Teams selbst entscheiden, welche Objectives und Key Results sie nach oben reporten wollen und das Makro dementsprechend um eins, mehrere oder alle OKRs legen.

Wie läuft die Definition der OKRs am Anfang eines neuen Quartals bei euch ab?

Auch hier haben wir keinen festgelegten Prozess den alle machen und die Abteilungen arbeiten unterschiedlich. Viel wird vom Team getrieben weil das Team einfach am nächsten dran ist und genau weiß, was gerade wichtig ist. Dabei helfen uns auch wieder die Focus Areas und die Vision um uns dahingehend auszurichten. Und auch die Transparenz, um zu sehen, was andere Teams gemacht haben und welche Erkenntnisse sie vielleicht schon gewonnen haben, die in die eigenen OKRs mit einfließen können. Ich könnte gar nicht genau sagen, wie viel von oben kommt und wie viel von unten. Bei uns ist das eher eine Mischung aus ganz vielen Faktoren. Man setzt sich als Team zusammen und schaut, wie man zu den Abteilungszielen beitragen kann oder welche Erkenntnisse man aus dem letzten Quartal gezogen hat, die wieder in neue OKRs einfließen. Manchmal gibt es auch OKRs die nur das Team betreffen. So was wie „Wir müssen unsere Meeting-Kultur verbessern“. Diese Sachen gehören finde ich auch in die Team-Ziele, auch wenn es die Abteilungs-Ziele erst mal gar nicht tangiert. Unsere OKRs entstehen quasi aus einer Mischung aus Vision, den Abteilungszielen und dem, was uns als Team wichtig ist.

Wie viel Zeit benötigt ihr ungefähr bis die neuen OKRs stehen? Gibt es einen geregelten Prozess?

Ich denke man hat während des Quartals schon im Kopf, was man im nächsten Quartal gerne machen möchte, was ein Ziel sein könnte und was uns aus unserer Komfort-Zone herausholt – was ja auch eine wichtige Funktion von Objectives ist. Letztendlich haben wir ein Quartalsmeeting, wo alles zusammengekippt wird und man nochmal die individuellen Ziele mit den Abteilungszielen und auch der Vision abgleicht. Das kann in einer halben Stunde erledigt sein oder den ganzen Tag dauern – je nach dem ob es größere Änderungen gab. Wenn sich strukturell etwas geändert dauert der Prozess natürlich viel länger. Wenn man mit dem vergangenen Quartal zufrieden war und einfach in der Richtung weitermachen will, sind die OKRs recht schnell definiert.

Einen großen Teil bei der Definition der OKRs nimmt erfahrungsgemäß das Verhandeln von Ressourcen ein. Habt ihr hier eine Methode oder eine Metrik, mit der ihr Projekte bewertet und aufgrund derer sich die Prioritäten ergeben?

Ganz bestimmt. Wir messen alles und alles basiert irgendwie auf Daten. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt. Der andere ist die Vision. Wenn etwas nicht in Richtung der Vision oder der Focus Area geht und die Daten auch keinen positiven Effekt versprechen, dann machen wir das lieber nicht. Es ist auch sehr gut wenn sich das alles anhand der Zahlen und der Vision bewerten lässt. Ich glaube da haben wir alle eine „No Bullshit“-Einstellung. Wir kucken auf die Zahlen und fertig. Persönliche Befindlichkeiten sollten keine Rolle spielen, was auch meistens klappt. Dass man gegenseitig seine Ziele sieht hilft ein besseres Verständnis füreinander zu bekommen.

Würdest du sagen, dass euch OKRs dabei helfen, euch nicht zu viel auf einmal vorzunehmen?

Ja. Das ist denke ich ein Findungsprozess den man durchläuft. Man setzt sich ja ambitionierte Stretchgoals die einen vorantreiben sollen, gleichzeitig ist es aber auch nicht schlimm wenn man dann bei einem Ziel nur eine Zielerreichung von 0,2 auf der Skala erreicht. Davon geht die Welt nicht unter. Auf der anderen Seite will man auch nicht bei allen Zielen eine 1,0 erreichen, das wäre auch nicht Sinn der Sache. Ich finde, man sollte immer mit einem vernünftigen Augenmerk darauf kucken, was man sich vorgenommen hat, um zu sagen, ob es noch in einem vernünftigen Bereich liegt, oder ob man vielleicht doch zu ambitioniert an die Sache herangegangen ist. Dann korrigiert man das im nächsten Quartal einfach wieder.

Wir geben immer alle unser bestes – nicht mehr und nicht weniger.

Ein schönes Schlusswort. Vielen Dank dass du dir heute Zeit genommen hast und für die interessanten Einblicke die du uns gewährt hast.