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Die Erfahrungen von Empolis CEO Dr. Stefan Wess mit OKRs als Führungsinstrument im Rahmen der Digitalen Transformation

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Die Erfahrungen von Empolis CEO Dr. Stefan Wess mit OKRs als Führungsinstrument im Rahmen der Digitalen Transformation

Marco Alberti

Empolis Information Management meisterte auf Basis des OKR-Modells den Wandel vom Softwareunternehmen zum Cloudanbieter. Im Interview spricht CEO Dr. Stefan Wess über die Neuausrichtung der Unternehmensstrategie durch eine starke Vision, die Vorteile von Transparenz und Fokussierung durch OKRs sowie die große Relevanz des OKR-Champions.

Dr. Stefan Wess ist CEO und geschäftsführender Gesellschafter der Empolis Informationsmanagement. Der vielfach ausgezeichnete Anbieter von Smart Information Management Software setzt auf innovative Technologien der Künstlichen Intelligenz, die es den Kunden ermöglicht, neue Services im Bereich Big Data Analytics zu nutzen oder neue Geschäftsmodelle zu erproben bzw. anzupassen. Im Interview berichtet Stefan über den erfolgreichen Kurswechsel im Unternehmen durch die Implementierung des OKR-Modells. Außerdem erklärt der Diplom-Informatiker und KI-Pionier wie essenziell dabei die Entwicklung einer klaren Vision war – und welche Perspektiven sich vor allem durch das Thema Transparenz eröffnen.

M: Herzlichen Glückwunsch! Die Jury des Digital Leader Awards hat Empolis Information Management für seine herausragenden Leistungen im Bereich digitale Transformation nominiert, die auf dem Managementsystem „Objectives and Key Results“ basieren. Was bedeutet dir das?

S: Man selbst hat ja immer nur die interne Sicht. Wenn der Erfolg dann aber durch so tolles Feedback von extern bestätigt wird, freut man sich natürlich tierisch darüber! Da ist es dann auch gar nicht wichtig, ob man den Preis letztendlich gewinnt oder nicht…  

M: Wie wurdest du auf das OKR-Modell aufmerksam?

S: Durch Google und ein paar YouTube-Videos, die ich mir zu dem Thema angesehen habe. Ich war auf der Suche nach einem Managementsystem, bei dem es darum geht, sich smarte Ziele zu setzen und diese mit agilen Prinzipien zu verbinden.  

M: Was hat dich dazu bewegt, die Themen Vision, Strategie und Führung im Unternehmen neu zu definieren?

S: Als traditionelles Sofware-Unternehmen sind wir schon seit vielen Jahren erfolgreich im Geschäft. Wir haben gemerkt, dass wir uns vom Dienstleistungs- und On-Premise-Geschäft zu einem Cloudanbieter wandeln müssen, um agiler zu werden, denn die Kunden wollen schnelle Ergebnisse sehen und das auch gerne mal eben testen. Unsere Kunden sprechen mit der Fachabteilung, nicht mit der IT und haben dann häufig das Problem, IT-Ressourcen zu bekommen, um die Projekte auch umzusetzen. Und da war Cloud natürlich eine Möglichkeit, der Fachabteilung das zu liefern, was sie gerne hätte, ohne intern IT-Ressourcen entsprechend blockieren zu müssen. Also ging es um digitale Transformation und die Frage: Wir bringen wir das zum Leben? Und am besten zum Leben bringt man das, indem man erst einmal eine entsprechende Vision formuliert. Eine, die nicht aus 20 Sätzen besteht und die man leicht versteht. Marco war da unheimlich hilfreich. Wir haben sie gemeinsam erarbeitet. Das war das Spannendste an dem Prozess… Die nächste Frage war, wie man daraus eine Mission ableitet und dann muss man anfangen, das auch zu operationalisieren. Scrum und Agilität machen wir eigentlich schon seit 2003, da waren wir auch einer der Vorreiter in Deutschland. OKRs und Scrum passen gut zusammen, insofern war das auch eine gute Operationalisierung dessen, was wir uns vorgestellt haben.

M: Als Murakamy die Implementierung des OKR-Prozesses bei Empolis startete, habt ihr eure gerade verabschiedete Unternehmensvision noch einmal völlig neu formuliert. Wie kam es dazu und warum war das so wichtig?

S: Ja, das stimmt, wir haben alles wieder verworfen. (Lacht.) Das war der Verdienst von Marco! Er sagte uns, dass wir sie am besten erarbeiten, bevor wir mit dem OKR-Prozess starten. Das haben wir auch brav gemacht und waren furchtbar stolz auf unser Ergebnis, weil wir dachten, das sei absolut richtig und total klasse. Nur hat Marco dann angefangen, uns dazu penetrant Fragen zu stellen – und nicht mehr damit aufgehört, bis wir selbst gemerkt haben, dass das doch nicht so klasse war, was wir uns da überlegt hatten.

Das war sehr anstrengend und kostete eine Menge Zeit. Aber dann gab es plötzlich eine Art Schlüsselmoment, der uns sozusagen die „Erleuchtung“ gebracht hat: Einer der Kollegen meinte, dass das mit der Titanic nicht passiert wäre, wenn sie damals Empolis benutzt hätten. Wir haben alle gelacht, aber uns war schnell klar, dass das eigentlich der Kern dessen ist, was wir tun. Denn wir verhindern, dass falsche Entscheidungen getroffen werden. So ist unsere neue Vision entstanden…  

M: Was unterscheidet das jetzige vom vorherigen Ergebnis? Was hat sich durch die erneute Auseinandersetzung mit dem Thema Vision geändert?

S: Das kann ich gar nicht mehr so genau sagen, weil ich die alte Version längst vergessen habe – ein gutes Zeichen! (Lacht.) Zu sagen, unsere Vision ist, dass niemand mehr falsche Entscheidungen treffen muss – das ist so griffig und gleichzeitig so einfach, ich finde das ziemlich genial.  

Wess_Empolis_OKR_Erfahrungen
Unsere Vision ist, dass niemand mehr falsche Entscheidungen treffen muss!
— Dr. Stefan Wess, Empolis

M: Und was für eine Mission leitet sich davon ab? 

S: Unsere Mission ist, zu sagen, dass zwar jeder noch falsche Entscheidungen treffen kann, es aber niemand mehr muss, da wir alle Informationen sammeln und auswerten, um daraus entsprechende Empfehlungen abzuleiten. Diese Mission arbeiten wir in dem üblichen OKR-Zyklus dreimonatsweise ab.  

M: Wieviel Aufwand bedeutete die Einführung des Leadership-Modells für das Unternehmen – und insbesondere die Führungskräfte?

S: Wenn ich eine Transformation vollführen will, muss ich mir natürlich überlegen, wie ich diese auch hinbekomme. Und dann mache ich mir ja keine Gedanken über den Aufwand, sondern frage mich lieber: Habe ich den Kurswechsel geschafft oder nicht? Es war schon ein großer Kraftakt, aber ein sehr lohnenswerter! Und ich glaube nicht, dass das an den OKRs gelegen hat, sondern an dem Richtungswechsel an sich.

M: Was war die größte Herausforderung während der Einführung von Objectives and Key Results in die Unternehmensstruktur?

S: Wenn man so projektzentriert ist, gibt es viele Silos, die alle unabhängig voneinander arbeiten, die ihre Ressourcen unabhängig planen und sich unabhängig Ziele setzen. Daraus ergibt sich das Unternehmensergebnis. Die Abstimmung zwischen den einzelnen Bereichen, also Top-down, geht schnell. Wenn ich aber ein Cloudanbieter werden möchte, muss ich anfangen, zusammenzuarbeiten. Die crossfunktionale Abstimmung war dabei die größte Herausforderung. Wird ein Ziel das ich verfolge, auch in den anderen Abteilungen unterstützt oder verfolgen diese vielleicht sogar konträre Ziele? Welche Ressourcen sind entsprechend darauf allokiert? Diese Fragen mussten wir uns zuvor noch nie stellen.

M: Welche Auswirkungen hatte die Einführung der neuen Vision und der innovativen Führungsmethode auf die Kultur im Unternehmen?

S: Eine absolut positive! Alleine dadurch, dass jeder weiß, jetzt passiert auch konkret etwas. Das war schon eine sehr wertvolle Message. Wobei man natürlich sagen muss, dass man nicht sofort alle Leute dabei hat. Wir haben das ja auch schrittweise eingeführt – und je länger es läuft, umso mehr überzeugt man auch die Skeptiker. Wir haben erst einmal mit der Geschäftsleitung angefangen und sind dann eine Ebene weitergegangen. Nach und nach haben wir immer mehr Leute ins Boot geholt und ich glaube, das war auch wichtig.

M: Hast du das Gefühl, dass sich OKRs positiv auf das Stresslevel der Mitarbeiter auswirken? Was sind die Vorteile?

S: Ein absoluter Vorteil ist die Transparenz aller Ziele! Die sieht man förmlich, wenn man durch unser Unternehmen geht, denn viele Führungskräfte haben ihre Ziele ausgedruckt und an ihre Türen geheftet. Wir haben sie unseren Mitarbeitern auch komplett zugänglich gemacht, jeder kann sie sich jederzeit ansehen. Ein weiterer Benefit der OKRs ist, dass sie Stress mindern, denn man hat ja die Erlaubnis, auch mal nein zu etwas zu sagen, wenn es nicht in den Zielen steht. Dieses ständige: „Hey, kannst du mal eben…?“ entfällt. Keiner muss permanent sein Commitment abgeben. Wenn der Fokus im Vordergrund steht, ordnet das alle Prozesse unheimlich.  

M: Welche Software nutzt ihr intern zur Verwaltung der Objectives und Key Results?

S: Da kann ich auch nur wieder Marco loben... Anfangs haben wir Excel genutzt und das war ihm ziemlich zuwider. „Wir sind doch im 21. Jahrhundert!“, meinte er. Mittlerweile nutzen wir Confluence und sind sehr zufrieden damit. Zwischenzeitlich haben wir auch überlegt, ob wir nicht vielleicht eine OKR-Software brauchen. Aber im Moment funktioniert das super so und wir sind mit dieser Lösung sehr zufrieden.

M: Welches sind die drei wichtigsten Veränderungen, die durch den kompletten OKR-Prozess im Unternehmen angestoßen wurden?

S: Fokus, Transparenz und Ergebnisorientierung. Ich schaue nicht mehr nur auf den Aufwand, den mich etwas kostet, sondern versuche, alles ergebnisgetrieben zu organisieren. Marcos Spruch war immer: „Am Ende muss der Rasen gemäht sein!“ Nicht das Bauen des Rasenmähers ist also das Thema, sondern der gemähte Rasen. Es war nicht leicht, das in unsere Köpfe zu bekommen, denn dies bedeutet einen grundsätzlichen Mindset Shift. Der Ingenieur denkt natürlich erst einmal an den Rasenmäher, die Räder, die Stromversorgung. Das nützt nur nichts, wenn der Rasen aber am Ende trotzdem wuchert.

M: Inwieweit ist der Erfolg durch den OKR-Prozess schon messbar? Welche Ergebnisse konntet ihr bislang erzielen?

S: Das lässt sich nicht so leicht beantworten. Wir müssten uns eher fragen: „Wie wäre es, wenn wir OKRs nicht eingeführt hätten?“ – und dafür wohl einen ordentlichen A/B-Test machen… Aber wir hatten das Thema in der Mitarbeiterbefragung und wissen deshalb, dass es gut aufgenommen wurde. Das Feedback, das wir bekommen, ist sehr positiv. Auch die Nominierung für den Digital Leader Award ist kein schlechtes Zeichen. Unsere wirtschaftlichen Ergebnisse sind super, die Transformation hat funktioniert. Es gibt also einige Dinge, die belegen, dass wir die richtigen Entscheidungen getroffen haben.

M: Welche Bedeutung misst du der Rolle des OKR-Champions bei?

S: Das ist natürlich auch ein sehr wichtiger Punkt. Es fiel uns nicht leicht, diese Rolle zu besetzen. Inzwischen macht das mein Assistent – und er geht bei dem Thema komplett auf. Murakamy hatte empfohlen, ihn zu fragen und das war genau richtig, denn das klappt wirklich super.

M: Was sind die größten Vorteile des OKR-Modells, die du einem befreundeten CEO nennen würdest?

S: Natürlich die, die ich oben bereits genannt habe. Was ich aber auch noch wichtig finde, ist, dass so ein OKR-Prozess natürlich immer ein Bottom-up/Top-down bedeutet. Welche Probleme und welche Verbesserungsvorschläge haben die Mitarbeiter? Wenn ich wirklich verstehen will, was in meinem Unternehmen passiert, ist das eine gute Methode, das herauszufinden. Außerdem bringt das Modell eine gewisse Objektivierung und Messbarkeit hinein. Nicht im Sinne von Leistung, sondern von Transparenz über die gesamte Organisation. Ich kann die Sets jederzeit und egal, wo ich bin, öffnen und sehen, wo wir stehen und wo Probleme auftauchen. Ein weiterer Vorteil ist das Thema Abstimmung. Wenn man eine Kugel und eine Tontaube hat, gibt es beim Schießen schließlich nur Aussichten auf einen Treffer, wenn man sich vorher abstimmt, wann der eine wirft und wann der andere schießen soll. Die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg ist also viel höher, wenn jeder weiß, wer was wann macht.

M: Würdest du die Einführung von OKRs anderen Firmen empfehlen?

S: Natürlich! Gerade Unternehmen, die sich in einem Kulturwechsel befinden, vielleicht mehr auf Agilität setzen und ihre Mitarbeiter mehr einbeziehen sowie deren Ideen nutzen wollen.  

M: Welche Ratschläge würdest du einem Unternehmen geben, welches sich gerade mit der Überlegung zur Einführung von OKRs beschäftigt?

S: Ich würde jedem zu einer externen Beratung raten, denn ohne hätten wir das nicht geschafft! Und wenn man einen Berater hat, sollte man auch auf ihn hören... (Lacht.) Das sagt sich so einfach, aber oftmals versucht man dann doch, Prozesse anzupassen und das geht meistens schief. Also lieber nicht herumexperimentieren und nicht meinen, man wüsste es besser oder im eigenen Unternehmen wäre es anders. Das ist natürlich ein längerer Prozess, für den man sich Zeit nehmen muss. Für uns war die OKR-Strategie auf jeden Fall genau die richtige Entscheidung – und das Schlüsselerlebnis, das den Weg für unsere digitale Transformation geebnet hat.  

Vielen Dank für das spannende und humorvolle Gespräch über deine Erfahrungen mit OKRs sowie den ausführlichen Einblick in die neue Unternehmenskultur von Empolis. Wir drücken euch die Daumen, dass ihr den Award nach Kaiserslautern holt!  

Fotos: Frank Nürnberger, www.franknuernberger.de