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OKR Q&A Session: "Ask me anything about OKRs" Episode 16

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Inspirierende Veröffentlichungen, kurze Einblicke in unser Denken, Anreize zum Nachdenken - all dies bietet dieser Blog als Sammlung zu den Themen Entrepreneurship, Management und Leadership. 

OKR Q&A Session: "Ask me anything about OKRs" Episode 16

Monika Tartler

In dieser Episode der AMA beschäftigen wir uns mit der Wandlung von der Projektorganisation hin zur Produktorganisation mit Hilfe von OKRs und beleuchten, wie man das Denken über Projekte und Produkte ändern muss und eine darunter liegende Matrixorganisation erkennt und vielleicht auch auflösen kann. Darüber hinaus haben wir die Frage diskutiert, wie man ein bei der OKR-Einführung entstandenes Vakuum am besten auflöst, um mit möglichst wenig Stress und Überforderung OKRs in die Organisation einzuführen.

Die Episode gibt es wie immer bei Spotify, Apple Podcast, Soundcloud, Youtube und überall wo es Podcasts gibt.

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Alle Fragen rund um OKRs hier auch zum nachlesen:

Mit nur einem Objective pro Bereich starten, anstatt nur in einem Bereich?

0:01:38 Teilnehmer:

Hallo zusammen! Ich bin das erste Mal dabei und darf gleich starten: Wow! Ich habe schon öfter irgendwo gearbeitet und war verantwortlich für OKRs oder war einfach nur Teilnehmer. Jetzt bin ich es wieder und jetzt kam jemand bei uns auf die Idee zu sagen, die Firmen-Objectives auf Company-Level machen wir, damit es nicht ganz so wirr wird, über People, Process, Product, Customer and Finance, also zu jedem Bereich eines. Natürlich wurde die Frage gestellt, ob das jetzt eine gute Idee ist. Ich fand es – ich kann es gleich verraten – spontan nicht schlecht. Habt ihr sowas schon mal gemacht? Das ist ein bisschen starr vorgegeben? Ist das eine gute oder eine schlechte Idee?

0:02:37 Marco

Du meinst, jedes Quartal widmen wir jedem Thema ein O, so ein bisschen je nach Bereich das Company-Set aufzugliedern, das ist die Idee, wenn ich dich richtig verstanden habe.

0:02:55 Teilnehmer

Nein, nicht ganz. Wir haben jetzt gesagt, – also, das ist jetzt für alle da neu – wir wollen mit fünf Objectives im Company-Set starten und quasi eins zu People, eins zu Process, usw. damit wir quasi nicht fünf zu Prozessen haben, sondern dass das ein bisschen weiter gestreut ist.

0:03:21 Marco

Ich halte es nicht für so eine gute Idee. Aber wir können ja mal ein bisschen elaborieren, warum. Die Grundidee ist ja, dass du sagst: In diesen fünf Objectives – und fünf deswegen, weil es eine gewisse Knappheit haben soll und du dich natürlich auf einige wenige sinnvolle Ziele festlegen sollst – wollen wir die wichtigsten Themen des Unternehmens abbilden.

Wenn wir sagen, ein Thema ist in diesem Bereich, ein Thema ist in jenem Bereich, würde das bedeuten, dass wir immer gleich verteilt die Wichtigkeit schon vorausnehmen und dass wir auch die Einflussmöglichkeit aus den Bereichen versuchen, irgendwie gleich verteilt zu haben, was sich aber in der Realität sicher ganz anders entfaltet. Je nach Situation, in der du dich gerade befindest, ist es möglicherweise total wichtig, sich mit ganz vielen Themen, die sich z.B. mit Prozessen beschäftigten, auseinander zu setzen und zu sagen: Das sind unsere wichtigsten Ziele.

In einer anderen Umgebungssituation ist es vielleicht ein ganz anderes Set aus Zielen, das für das gesamte Unternehmen als wichtigstes erscheint. Von daher nimmt dieses „Wir versuchen, da eine Struktur hineinzubringen“ ja an, dass die Struktur schon eine gewisse Logik hat, die danach auch aufgeht. Meiner Beobachtung nach tut sie das über den Zeitverlauf nicht, weil man halt jedes Mal wieder neu überlegen muss, was denn eigentlich die richtigen und wichtigsten Ziele sind, die sich hier gerade ergeben.

Da würde ich erstmal Ergebnis-offen rangehen und sagen: Wir als Unternehmen schauen da ganzheitlich drauf und sehen die Situation gerade so oder so. Das heißt aber nicht, dass wir ein bestimmtes Ziel für einen bestimmten Bereich oder für eine bestimmte Gattung von – sagen wir mal - People-Themen schon vordefiniert haben und dass wir da was brauchen. Damit würden wir das Ergebnis schon ein bisschen vorwegnehmen. Deshalb würde ich das aus dieser Perspektive besser finden, wenn man nicht ein ganzes Framework schon darum herum setzt.

Hörst du uns noch?

0:05:50 Teilnehmer

Ja, ich höre, danke. Das war ein guter Impuls, danke.

0:05:56 Marco

Aber würdest du sagen, a) das beantwortet deine Frage und b) würdet ihr es beim nächsten Mal anders versuchen? Was sind deine bisherigen Erfahrungen damit?

0:06:07 Teilnehmer

Es findet erst in zwei Wochen statt. Ich hatte das Gefühl – deswegen bringe ich die Frage mit, weil ich noch ein bisschen damit hadere, ob es eine gute Idee ist – ich glaube, ich werde es so lösen, dass ich sage: Überlegt euch mal was zu den Punkten, aber wenn ihr noch mehr Struktur wollt, dann machen wir halt nichts zu People. Aber wichtig ist, dass man zumindest mal darüber nachdenkt.

0:06:35 Marco

Es ist nicht so, dass „wir etwas im Bereich People machen müssen“, sondern die Idee lautet andersrum: Was sind die Ziele, die wir versuchen zu erreichen? Daraus leiten sich dann verschiedene Sachen ab, die sich vielleicht auch strukturell ausdrücken.  Aber inhaltlich wollen wir ja keinen neuen Prozess haben, sondern wir wollen durch den Prozess ein bestimmtes Ergebnis haben und das wollen wir in den Objectives wahrscheinlich abbilden, sodass diese Blickrichtung von „Ich komm von der Struktur oder von den Leuten oder von diesen Sachen“ halt so eine starre Richtung vorgibt, die wahrscheinlich nicht mit dem Output korreliert, den du haben willst.

Du musst halt aufpassen, dass du dadurch nicht in so eine Schiene gerätst, dass du prozessual oder HR oder so als Denkmuster gibst, sondern du willst ja den „Outcome“ da heraushaben und das ist crossfunktional. Deswegen halte ich von dieser Teilung hier nur begrenzt viel. 

Aber ich freue mich, wenn du uns dann später deine Erfahrungen wieder mitbringst und uns erzählst, ob es so gut war oder ob du es doch anders machen magst.

0:07:57 Teilnehmer

Dankeschön.

0:07:59 Marco

Gern.

Wie kaskadiert man Objectives und Key Results von Ebene zu Ebene?

0:08:03 Teilnehmer:

Hallo Marco. Danke, dass ich hier heute mal wieder Fragen stellen darf.

Ich habe heute eine sehr operative und hoffe, nicht zu kleinteilige Frage und zwar: Wenn ich in unserem OKR-Prozess bei unserem Unternehmen die Verbesserungen ansehe, die wir da anstreben, bei denen auch ganz viel von deinem Input da ist, sind wir über die Frage gestolpert: Wie baut sich denn eigentlich die optimale Kaskade von Objective zu Key Result auf jedem Level der Organisation?

Und zwar bin ich u.a. über ein OKR-Sheet auf deiner Seite gestoßen, da wird ganz viel davon gesprochen, dass sich die Key-Results matchen, d.h., dass sich dann ein Company-Key Result mit einem Key Result von einem Divisions- oder Team-Key Result matcht und dass das dadurch das Bindeglied ist.

Dann bin ich in der Literatur hängen geblieben, da werden sich dann Key-Results über die Zoom-Funktion übersetzt als Objectives auf die nächste Ebene und dann quasi daraus etwas Neues gemacht, aber dann gibt es diese direkte Verknüpfung nicht mehr, weil gegebenenfalls auch umformuliert wird.

Da wollte ich dich einfach mal fragen, wie siehst du diese Kaskade von diesem Company-OKR-Set dann auf die nächste Ebene und dann wiederum auf die darunter liegende Ebene.

0:09:25 Marco

Vielleicht suchen wir mal raus, weshalb wir glauben, dass man bei diesem Matching-Prozess, Key Results mit Key Results matchen sollten. Das Objective der unteren Ebene zahlt auf das Key Result der oberen Ebene ein. Aber wenn du versuchst, eine höhere Verdichtung zu kriegen im Sinne von „Jetzt muss ich mehr verstehen, was da dahinter steckt“, dann brauchst du logischerweise eine Ebene tiefer. Da das Objective der unteren Ebene fast auf der gleichen Flughöhe ist, erhöhen wir einfach den Detailgrad im Matching-Prozess, um zu sehen, was da alles darunter steckt. Das ist ja dann viel vielschichtiger und viel breiter angelegt, du siehst viel mehr aus welchen unterschiedlichen Ecken du hier Unterstützung für dieses Key Result kriegst.

0:10:48 Teilnehmer

Hätte ich dann z.B. als Team ein Objective XY mit Key-Results, die dann auch auf unterschiedliche Company-Key-Results gematcht werden? Oder ist das immer als Paket zu sehen?

0:11:06 Marco

Du versuchst schon, es so herzukriegen, dass das Objective der unteren Einheit auf das Key Result der oberen Einheit einzahlt, aber am meisten dort. D.h., es kann schon eine M:N-Beziehung sein, das kann durchaus positive Effekte auf mehrere Key-Results der oberen Ebene haben. Wenn du das versuchst abzubilden, wird es sehr komplex und hat wenig Mehrwert. Denn du versuchst ja vor allem herauszufinden: Habe ich die ausreichende Unterstützung von unten, um das Company-Key Result herzustellen? Wenn ich da die Zuordnung schaffe nach „Diese Themen zahlen am meisten darauf ein“, dann habe ich ein ausreichend gutes Bild für „Das wird schon unterstützt“, dass es dazu hoffentlich noch weitere, darüber hinaus gehende, positive Nebeneffekte auf mehrere Company-Key-Results gibt. Das nehmen wir mit, aber das planen wir nicht ein.

So würde ich das mal zusammenfassen.

0:12:12 Teilnehmer

Aber ich muss schon konkret „meine“ Key-Results“ auf ein Company-Key Result  matchen.

0:12:19 Marco

Genau. Was es vielleicht einfacher macht, diese Kaskade nachzuvollziehen. In dem klassischen Video von Google Ventures siehst du immer: Das Key Result der Company wird runtergebrochen zum Objective des Teams oder der darunter liegenden Einheit. Das hat ganz viele „Probleme“ und „Regelverstöße“ mit sich geführt: Das oben ist messbar, das darunter nicht, das oben ist crossfunktional, das darunter möglicherweise nicht. Wenn du eine funktional aufgebaute Organisation hast, dann ist die dann ja nicht mehr crossfunktional, sondern eindimensional. D.h., dann kann eine Funktion entweder ganz viel damit anfangen oder gar nichts.

Folglich löst es sich in meinen Augen viel einfacher, wenn du es umdrehst und sagst: Es geht nicht um das Runterbrechen, sondern es geht um das Darauf-Einzahlen. Du sagst: Das sind die Company-Key-Results und jetzt schauen wir, was da am ehesten darauf einzahlt. Daraus nehmen wir dann den größtmöglichen Match und gucken, ob das irgendwie zueinander passt. Damit bist du auch befreit von dem „Ich muss das jetzt so formulieren, dass es da unten zu ganz vielen Os wird“, was es eigentlich nicht wird. Ich habe ein Ergebnis, das ich auf Company-Ebene erreichen will und jetzt müssen die darunter liegenden Ebenen in kleineren Inkrementen sagen, was sie in ihrem Field-of-Expertise-Bereich abgeschlossen abliefern können. Die Summe aller Einzelteile muss dann dazu führen, dass wir mit hoher Wahrscheinlichkeit das Company-Key Result erreichen. Das versuchen wir durch diesen Matching-Prozess einfach und wahrnehmbar sichtbar zu machen.

0:14:14 Teilnehmer

Wenn beim Matching-Prozess herauskommt, dass es einige Team- oder Bereichs-Key-Results gibt, die kein „Eltern-Key Result oder Objective“ haben, dann sprechen wir darüber, das ist ja schon ein großer Mehrwert. Aber mein Ziel ist ja nicht, die zwei zu matchen. Wie gehe ich denn damit um? Werden die dann ins Quartal genommen und will man die dann nach und nach reduzieren oder wie ist das?

0:14:49 Marco

Es folgt einer relativ einfachen Regel. In dem Team (wir nennen es mal Team, um es zu vereinfachen) versuchst du ja herauszufinden, was wir alles tun können, um das Company-Set zu unterstützen. Wir haben ja gesagt: Als Gesamt-Company haben wir festgestellt, dass das die wichtigsten Ziele sind, also tun wir alles, was wir können, und zwar alle, damit diese Ziele eintreffen.

Und jetzt könnte man ja sagen, das Team sagt: Wir haben alles getan, was wir tun können, mehr liegt jetzt nicht drin, fällt uns nicht ein oder mehr können wir dazu nicht beitragen. Aber wir haben noch Kapazitäten übrig, d.h. wir können uns schon noch andere Ziele geben, die sich entweder aus unserer Rolle oder Verantwortung heraus ergeben.  Wir als Team haben ja gewisse Rollen und eine Verantwortung und da kann es durchaus sein, dass sich daraus etwas ergibt, was ich aus meiner Rolle heraus tun will, was die Company jetzt nicht zwingend gut oder schlecht findet, wie z.B. meinen eigenen Datenbestand aufräumen oder einen Was-auch-immer einführen. Das hat eher innerhalb meines Teams Relevanz, aber findet darüber hinaus nicht sonderlich Interesse.

Wenn ich sage: Das will ich auch noch tun. Dann ist das so lange valide, bis es nicht in einem Konflikt steht. Wenn es zu einem Thema, das ich von oben nicht unterstützten kann, in einem Konflikt steht, weil ich sage, da mache ich lieber mein eigenes Thema, dann muss ich mir natürlich die Diskussion gefallen lassen: Aber wir haben doch vereinbart, wir machen alle alles, damit das Company-Set erledigt wird.

Wenn ich sage: Da kann ich nichts mehr dafür tun und es steht mit jemandem in Konflikt, der neben mir steht, also z.B. ein anderes Team will etwas tun und braucht dazu meine Unterstützung und ich sage: Ich würde aber lieber etwas tun, was meine eigenen Ziele innerhalb meines Team unterstützt, dann muss ich mich natürlich ein Stück weit auf die Diskussion einlassen: Bringt es uns als Gesamt-Company am weitesten, wenn ich das mache, was das andere Team gern hätte, oder wenn ich das mache, was sich das eigene Team überlegt hat.

Das kann ich in dem Kreis ja dann auch abschließend diskutieren. Ich kann sagen: Wir haben uns das überlegt, weil uns das 30% der Arbeit im nächsten Quartal erspart, weil es unsere Prozesse viel schneller macht. Was ist der Nutzen, den wir kriegen, wenn wir das Team von der Seite unterstützen, um seine Ziele zu erreichen? Dann haben wir den Trade-Off ja offen gelegt und diskutiert und danach kommen wir in Summe zu einem Ergebnis und dann ist das mal so die Ableitung, wie ich mit den dann verbleibenden Ressourcen umgehe und die dann auch annehmen oder ablehnen kann.

Beantwortet das die Frage?

0:18:10 Teilnehmer

Ja, auf jeden Fall. Vielen Dank.

Machen OKRs für einen Sportverein Sinn?

0:18:16 Teilnehmer:

Hallo Marco. Vielen Dank für die Möglichkeit, Fragen zu stellen.

Ich muss für meine Frage ein bisschen ausholen. Bei mir geht es nicht um einen Business-Fall, sondern es geht um eine Organisationsform beim Sportverein. Der Kontext: Ich bin nach einem Umzug neu einem Sportverein als Trainer beigetreten. Dort hat man sich sehr um Jugendarbeit bemüht. Man kam dann zu mir und hat mir gesagt, man sei mit dem Output unzufrieden, weil man viel mehr  Leistungssportler formen möchte. Man hat aber heute ein sehr statisches Konzept für zwei, drei Jahre entwickelt. Die Grundidee ist: Man sichtet Kinder im Alter von 11-12 Jahren, man bildet sie aus und mit 20 Jahren sind die dann irgendwie ausgebildete Leistungssportler. Also ein sehr statisches Prinzip.

Nach meiner Vorstellung ist das einfach nicht statisch, sondern etwas sehr dynamisches, womit ich jetzt zum Thema OKRs komme. Meine Idee eines Konzeptes wäre: Wir müssen einfach gucken, was der wirkliche Bedarf ist. Dafür brauchen wir feste Zuständigkeiten, also quasi einen Trainer pro Altersstufe, der guckt, was er zu tun hat und dass der Vorstand auf dieser Ebene abgleicht, was die Lehrmeinung ist, wo wir hin müssen und dort gemeinsame Ziele für jede Altersstufe entwickelt, um dann aber auch Ressourcen zu bündeln und beste Voraussetzungen schafft, Heimzeiten, Betreuungsschlüssel und das alles sicherstellt. Das sind aber alles übergeordnete, administrative Zwecke.

Die erste Frage lautet: Teilst du diesen Gedankengang? Macht das schon Sinn, so etwas in einer Art OKR abzubilden?

0:20:00 Marco

Ich würde wahrscheinlich noch den „Kunden“ in die Überlegungen mit einbeziehen. Möglicherweise habe ich es überhört: Um welche Sportart geht es?

0:20:10 Teilnehmer

Es ist Volleyball.

0:20:13 Marco

Du musst ja wahrscheinlich auch die zu entwickelnden Kinder in die Betrachtung mit einbeziehen und dann fragen, was die denn eigentlich brauchen und wollen. Wann sind die happy? Wollen die überhaupt entwickelt werden? Was brauchen die, um entwickelt zu werden? Wollen die überhaupt alle Leistungssportler werden? Das ist ja auch noch eine Frage.

0:20:35 Teilnehmer

Ganz genau. Das ist definitiv die Frage, die momentan zu wenig gestellt wird und die bei mir da ganz genau hier rein gehört. Wenn man mal jemand hat, der für 16-jährige Mädchen zuständig ist, dann weiß der diesen Bedarf und kennt die Vorstellung von diesen Mädchen viel ehrlicher, als jemand, der Head-off darüber steht und beschließt, die Mädchen müssen jetzt Technik XY machen.

0:20:58 Marco

Vom Gesamtprozess eignet sich das durchaus schon, da iterativ darauf zu gehen. Sind die Ressourcen ehrenamtlich dort?

0:21:17 Teilnehmer

Es ist schon ehrenamtlich, aber es gibt so Halbtagesstellen, es ist bezahlt, aber eher als Aufwandentschädigung.

0:21:30 Marco

Ich glaube, ich würde es von verschiedenen Seiten ansehen und einmal gucken, was die Kundenperspektive ist. Also, wie wir gerade gesagt haben: Welche verschiedenen Zielgruppen brauchen was und wann? Und wie kriegt man das heraus? Es kann ja auch sein, dass man das erstmal über den Zeitverlauf rausarbeiten muss. Vielleicht gibt es ja Stand heute einen Plan, wie man das so macht, aber vielleicht ist er ein bisschen angestaubt und vielleicht man muss es erstmal so über „trial and error“ herausfinden, was eine bestimmte Zielgruppe eigentlich braucht, wenn sie denn entwickelt werden will. Und dann zu sagen: Wir probieren es mal auf dem Weg, messen wir mal dahinten Spielergebnisse, Zufriedenheit, Gestreßtheit, Überforderung, Anspannung und was auch immer man da versuchen kann, so als Indikatoren heranzuziehen, was ein bisschen Aussagekraft hat. Zudem iterativ zu sagen: Jetzt haben wir das über fünfmal pro Woche Training versucht, das ist vielleicht ein bisschen viel gewesen, jetzt muss man es irgendwie mit zweimal Training und einmal Coaching probieren. Vielleicht ist das der viel effektivere Weg. Aus der Perspektive würde ich das einerseits beleuchten.

Dann ist andererseits natürlich diese Ressourcenknappheit hier besonders gegeben. Ehrenamtliche Geschichten sind ja nicht dadurch gesegnet, dass alle sagen: So, je mehr Zeit konsumiert, desto besser, sondern es ist wahrscheinlich auch ein gewisser Effizienzanspruch vorhanden. Das ist ja gut, weil dann eigentlich alle daran interessiert sein müssten, die Zeit, die man hat, bestmöglich einzusetzen.

Jetzt ist es wahrscheinlich wie in jedem Unternehmen auch, da wird es hinten raus irgendwie auch politisch. D.h. jemand, der sich da einbringt und gar nicht bezahlt wird, hat möglicherweise eine gewisse Vorstellung davon, warum er sich da einbringt. Demzufolge ist es vermutlich extrem wichtig, erstmal einen Level einzuziehen, wo man sagt: Das ist das Bild der gemeinsamen Reise, auf die wir uns hier begeben haben. Dafür tun wir das und es ist völlig ok, dass man dafür Abweichungen in der Sichtweise der Strategien darunter hat, also wie man jetzt am besten trainiert. Aber das Grundverständnis für das „Warum sind wir alle hier?“ und „Was wollen wir mit unseren Bemühungen erreichen“ muss schon mal klar gestellt werden, damit es in der operativen Frage „Gehen wir links rum oder gehen wir rechts rum?“ nicht so viele Spannungen gibt. Du willst ja möglichst wenige Abweichungen haben, sondern die Energie in die richtige Richtung bündeln.

Das würde ich am Anfang versuchen glatt zu ziehen, sowohl die Perspektive der „Kunden“, also der Eltern und Kinder, als auch derjenigen, die sich da einbringen und ihre Energien investieren, um eine gewisse Förderung zu erreichen. Wenn man das gemacht hat, dann würde ich quartalsweise iterativ vorgehen um zu sagen: Jetzt probieren wir den einen Weg und machen dann einen Strich darunter und gucken in den einzelnen Werten, was uns das gebracht hat.

Aber ich glaube, es ist auch wichtig zu beachten, dass das ein bisschen pragmatisch funktioniert. Es sollte ein bisschen schnell und einfach von der Hand gehen, weil du ja nicht ein Unternehmen führst, wo alle Leute sagen: So ich arbeite jetzt drei Monate Vollzeit, dann setze ich mich zwei Tage hin und wir verhandeln unsere OKRs. Sondern das muss in einem Verhältnis stehen, sodass man sagt: Komm, da drücken wir mal ein Auge zu, wenn die Qualität am Anfang noch nicht so ist. Vorher hatten wir gar keine Ziele, jetzt haben wir eine gemeinsame Richtung und so hangeln wir uns da langsam ran. Wenn wir feststellen: Cool, wir haben ein gemeinsames Bild, wir haben etwas aufgeschrieben, wir sind da ein paar Schritte gegangen, wir haben gesehen, dass es da ein Feedback gibt, wir können ein bisschen was lernen. So langsam in den Prozess zu starten wäre wahrscheinlich der richtige Approach aus meiner Sicht und nicht, das wie ein Unternehmen anzugehen und zu sagen: Ihr braucht jetzt alle Samstage und Sonntage frei, weil wir jetzt an den OKRs arbeiten. Da wirst du wohl wenige Begeisterte finden.

Wie kann man Verbesserungen durch OKRs messen?

0:26:00 Teilnehmer:

Ja, in jedem Fall.

Eine Anschlussfrage wäre: Wenn man jetzt einen Qualitätszuwachs messbar machen möchte, da ist schon viel von Zufriedenheit und Fortschritte der Kinder gesprochen worden: Hast du noch eine Idee, wie man Fortschritt – sei es technisch oder leitungsmäßig – messen kann? Man hat ja bei uns nicht einen Schwimmer, der eine Zeit schwimmt, sondern es hat sehr viel mit athletischen Techniken zu tun. Ich finde es schwierig, einen Fortschritt zu messen, besonders auf einer relativ kurzen Zeitebene von drei Monaten.

Es wurde im Chat schon richtig gesagt, den Zeithorizont zu verlängern oder zu verändern, macht schon sehr viel Sinn, weil in dem Sport etwas nachhaltig zu lernen, dauert schon länger als drei Monate.

0:26:51 Marco

Ich verstehe deinen Impuls und unter dem Aspekt, den wir gerade diskutiert haben – wie viel Aufwand steckst du in die Definition der Ziele – finde ich eine Verlängerung des Zeithorizonts ausnahmsweise sinnvoll. Aus dem „Wie schnell lerne ich, dass das nicht der richtige Angang ist für das, was ich erreichen möchte“ würde ich es wahrscheinlich ein bisschen näher bei den drei Monaten halten. Ich würde mir eher überlegen: Wie finde ich so Proxy-Aussagen zu guten Indikatoren, die mir zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Verzeih mir, dass ich von Ballsportarten keinerlei Ahnung habe, aber ich könnte mir vorstellen, dass du sagen kannst: Was könnte denn eine Perspektive sein, die uns erfolgreich macht, wenn wir das in Richtung Leistung trainieren wollen? Das könnte sowas sein wie ein Aufschlag oder einen bestimmten Spielzug herauszunehmen oder ein bestimmtes Teilsegment versuchen zu isolieren und einfach davon eine Bestandsaufnahme zu machen und zu sagen: Hier sind hundert Bälle, wie viele kommen erfolgreich auf der Gegenseite an? Dann hast du zumindest mal eine prozentuale Quote und du kannst alle vier Wochen gucken: Verändert sich die Quote der Bälle, die auf der Gegenseite ankommen? Dann kannst du sehen: Okay, wenn wir am Zug sind, hat sich unsere Position schon deutlich verbessert. Jetzt müssen wir vielleicht im nächsten Quartal oder auf einer anderen Ebene die Defensivposition verstärken. Wie könnte das funktionieren? Also versuchen, Teilbereiche zu isolieren, die irgendwie zu beobachten und zu sagen, ob das, was wir trainiert haben zur Folge hat, dass statt nur 50% der Bälle auf der Gegenseite ankommen, sondern 70%.

Das ist ein sehr plakatives Beispiel, ich weiß, dass das nicht sonderlich gut die Realität beschreibt, aber die Intention der Aussage wird dadurch klar.

0:29:13 Teilnehmer

Klar, hat auch geholfen.

0:29:15 Marco

Und dann kannst du darunter verschiedene Maßnahmen setzen und sagen: Jetzt trainieren wir vier Wochen lang nur mal das. Wenn du dann feststellst: Super, jetzt landen 90% der Bälle im Netz, hast du einen relativ guten Anhaltspunkt dafür, dass das in die falsche Richtung geht. So kannst du versuchen, dich mit den Maßnahmen darunter iterativ nach vorne zu hangeln und ein gemeinsames Verständnis zu kriegen – das war auch deine Ausgangsfrage – wie denn der beste Gesamt-Trainingserfolg ist. Das kannst du jetzt so nach Kohorten betrachten. Über den Zeitverlauf kannst du ja sagen: Wir haben immer eine bestimmte Kohorte, z.B. die 14-jährigen, und die betrachtest du über den Zeithorizont von ein, zwei Jahren und machst das mit unterschiedlichen Trainingsmethoden und dann kriegst du evidenzbasiert langsam heraus, was wahrscheinlich der beste Weg ist, eure Truppe zu trainieren.

0:30:19 Teilnehmer

Dankeschön.

0:30:21 Marco

Danke dir.

XY, jetzt bist du hoffentlich wieder auf Sendung.

Müssen sich alle Key Results der Company in den Team OKRs wiederfinden?

0:30:26 Teilnehmer:

Ja, das hoffe ich auch.

Ich wollte meine Frage eigentlich an jene meiner Vorgängerin anschließen, weil es ganz gut passt. Ihr habt das zwar teilweise beantwortet, aber mir geht es nochmals um die Key Results im Company-Set. Wir haben jetzt gerade damit gestartet und haben dabei festgestellt, dass da doch einige Fragen offen waren. Mitunter, dass wir ein Key Result auf Company-Ebene haben, wo wir auf Teamebene keins haben, das darauf einzahlte. Als konkretes Beispiel war das ein Key Result zur Entwicklung der Mitarbeiter, die in diesem Quartal fokussiert werden sollen. Da gibt es halt nichts, was das Team beisteuern kann, damit das erreicht wird. Da haben wir uns gefragt, ob das in Ordnung ist, wenn da Key Results stehen, die im Verantwortungsbereich der Abteilungsleiter sind und die jetzt nicht wieder auf Teamebene zu finden sind. Oder gehört es gar nicht dahin?

0:31:34 Marco

Ich würde es zuerst systematisch betrachten und dann nochmal kurz versuchen, den Inhalt zu beleuchten. Wenn du systemisch drauf schaust, ist ja die Aussage: Wenn du ein Key Result auf deiner Ebene hast – bleiben wir z.B. mal bei einer Abteilung – und darunter findest du keinen Support, dann ist die einzige logische Konsequenz, du musst das alleine machen.

Die Summe der Einzelteile führt ja dann zum Gesamten. Wenn die Einzelteile keine Summe bilden, musst du als die verantwortliche Person dafür sorgen, dass das trotzdem passiert.

Jetzt muss man sich als Set-Verantwortlicher natürlich die Frage stellen: Ist das so gewollt? In den meisten Fällen ist das nicht so gewollt. Dann muss man nochmals schauen, ob ich nicht doch die Unterstützung aus dem einen oder anderen Team brauche. Muss ich nicht da nochmals fragen: Du schau, ich hatte mir das und das notiert, aber meine Vorstellung war schon, dass ich dafür von euch diesen bestimmten Teilbereich bekomme oder dass wir als Team uns dazu verpflichten und ihr dann einen gewissen Teilbereich davon abdeckt. Wenn das nicht so ist, kann es schon sein, dass man sagt: Auf dem einen oder anderen Abteilungslevel ist das sehr wichtig, aber das wird nur einige wenige Personen oder sogar in so einem Fall nur eine Abteilungsleitung betreffen. Das wäre systematisch schon denkbar, aber es ist nicht hochgradig gewollt und auch nicht wahrscheinlich, dass das sonderlich gut ausgeht.

In dem Beispiel, das du gebracht hast, ist es ja auch unwahrscheinlich, dass niemand anders etwas dafür tut. Wie sollen sich denn Mitarbeiter entwickeln, wenn man nichts dafür tut.

Jetzt kann man sich grundsätzlich die Frage stellen: Ist das Entwickeln von Mitarbeitern ein gutes Key Result? Kommt darauf an. Es ist immer so ein bisschen die Frage, welcher Effekt dazu führen soll. Oder andersherum: Was ist die Hypothese, die man eingeht?

Was wir oft sehen, ist: Wir machen einen Mitarbeiterevent, dann machen wir noch so etwas wie zwei Schulungen, dann gibt es noch irgendwie ein Grillfest und einen Kicker. Aber Hauptsache, die Leute haben an ein, zwei Fortbildungen teilgenommen. Dann kann man sagen: Die müssen sich ja entwickelt haben. Die Hypothese geht in der Rückbetrachtung meistens nicht ganz auf. Warum nicht? Weil es nicht die Ursache des Problems ist. Hier müsste man mal ganz offen und tief die Frage stellen: Wer soll sich denn wohin entwickeln und warum überhaupt?  Wo, glauben wir, ist der größte Blocker, der beseitigt werden muss? Meistens ist es ja nicht so, dass es an der Kompetenz mangelt, die man mit so einem Schulungskatalog ausbügelt, sondern das Problem liegt tiefer und lässt sich meistens im sozialen Bereich finden. In den wenigsten Fällen im Kompetenzbereich.

0:35:08 Teilnehmer

Wenn man das dem Kompetenzbereich zuordnen kann. Also das soziale Thema trifft auf jeden Fall auch zu, würde ich sagen, aber teilweise kann man schon sagen, dass es darum geht, dass wir unsere Expertise in bestimmten Bereichen weiter entwickeln, um einfach unser Portfolio vergrößern zu können.  Oder einfach auch, um wettbewerbsfähiger zu werden. Das sollte halt der Fokus werden.

0:35:32 Marco

Gib mal ein kurzes Beispiel, welche Kompetenzfelder das sein könnten, die vorher nicht da sind und danach da sein sollten.

0:35:41 Teilnehmer

Z.B. die Kompetenzen im Bereich des systemischen Coachings. Dann gab es Key Results, die besagt haben, dass jeder HR-Coach bei uns da irgendeine Weiterbildung macht.

Vielleicht war das auch komplett falsch gewählt, ich weiß es nicht. Es war jedenfalls etwas, was die Company-Ebene gesagt hat, das sei total wichtig und das bräuchten wir auch, damit wir wettbewerbsfähig seien. Dann haben wir es aufgenommen, aber am Ende festgestellt, dass wir das auf Teamebene gar nicht finden. Wir sprechen da nicht von Abteilungen sondern von Teams, weil es bei uns gar keine Abteilungen gibt.

0:36:22 Marco

Also hat die Company „gesagt“: Wir brächten hier irgendwie eine Fortbildung und darunter hat sich keiner darum gekümmert. Oder keiner hat es in die Sets aufgenommen.

0:36:32 Teilnehmer

Genau.

0:36:33 Marco

Da würde man ja wahrscheinlich schon feststellen: Man wird ja jetzt nicht von heute auf morgen systemischer Coach und muss nichts dafür tun und das fällt vom Himmel. Folglich ist die Wahrscheinlichkeit relativ gering, dass das passiert, wenn sich das darunter niemand auf die Fahne schreibt.

Und es hat natürlich auch etwas damit zu tun, wenn es darunter niemand für sich gefunden hat, dann könnte es auch sein, dass es keiner machen will. Dann könnte es sein, dass es zwar eine gute Aussage ist: Ja, man müsste mal, aber ich bin es nicht.

0:37:13 Teilnehmer

Doch, das ist schon gewollt, aber es wurde halt nicht mitaufgenommen, weil auf Teamebene gesagt wurde, das sollte so nebenbei laufen. Aber dann hätten wir wahrscheinlich Objectives bzw. Key Results auf der Ebene bilden müssen, damit es miteinander matcht.

0:37:29 Marco

Und dieses „Es läuft halt nebenbei“ ist wahrscheinlich ja ein Teil der Illusion, weil es völlig ausblendet, dass es ein Trade-Off ist. Ich muss da ja auch richtig Zeit investieren. „Nebenbei“ hieße ja: Das geht schon noch so, dafür verliert nichts anderes die Priorität.

Das klingt jetzt danach, als ob das relativ umfassend sein könnte und dass man nicht „mal nebenbei“ da ein OKR Set aufbaut, so quasi wie „Ich habe so nebenbei ein bisschen Psychologie studiert, das geht schon.“ Es geht ja immer um den Trade-Off: Was mache ich dafür nicht? Wenn ich wirklich eine Kompetenz aufbauen will, dann muss ich auch was anderes abgeben, respektive investieren. Das andere nicht, dafür das. Da wird es schon ganz schön schmerzhaft, so: Das andere doch aber auch! Jetzt kommt dann die Frage: Was willst du eigentlich wirklich und was willst du mehr? Ein „Es wäre ja ganz schön, wenn…“ ist was ganz anderes als „Ja, ich will das und dafür gebe ich das andere auf.“

Erfahrungsgemäß passiert es nicht mit „Es wäre ja ganz schon, wenn…“. Wenn du es wirklich willst, musst du dafür stehen und darauf gucken und sagen: Wow, da stecken so und so viel Leute, so und so viel Tage Arbeit drin. D.h., sie können die und die Themen nicht machen. Sind wir bereit, das zu investieren? Damit hast du eine valide Diskussion über den Ressourceneinsatz.

Ist es das erste Mal, dass ihr das Thema versucht, zu erreichen oder kommt das zum wiederholten Male vor?

0:39:23 Teilnehmer

Das Thema „Weiterentwicklung“ oder was meinst du?

0:39:26 Marco

Ja.

Wie löst man die Ressourcenkonflikte in Projektstrukturen mit OKRs?

0:39:27 Teilnehmer:

Ja, zum ersten Mal.

Wir haben jetzt erst gestartet. Vor einem Jahr hatte mein Vorgänger schon versucht, mit OKR irgendetwas anzufangen, das hat dann nicht so geklappt. Nachdem, was ich bei euch so alles gelernt habe, haben wir auch einiges komplett falsch gemacht.

Ich hätte auch sonst noch eine Frage: Bei uns ist es so, dass wir nicht so klassische Abteilungen und eine Company-Ebene haben, sondern, dass wir sehr flache Hierarchien haben. Wir haben überlegt, wie wir das lösen können, damit wir trotzdem auf diesen zwei Ebenen arbeiten können. Die Company-Ebene hat ja immer Zielsetzungen und dann haben wir Teams nach Fachbereichen gebildet. Jetzt hat sich in der Praxis herausgestellt, dass eine Person teilweise doch in mehreren Teams unterwegs ist, weil dort die Expertise gebraucht wird. Das hat dann im Matching und im Umfang mit den ganzen Key Results wiederum zu Konflikten geführt. Da wollte ich fragen, ob du vielleicht eine Empfehlung hast, wie man damit besser umgehen kann. Oder ist das totaler Quatsch, sich da Teams auszudenken, die irgendwie fachlich zusammen passen.

0:40:47 Marco

Gib mir bitte noch etwas einen Background zu:  wie viele Teams, wie groß sind die Teams und nach was sind die dann gebildet worden?

0:40:54 Teilnehmer

Die Teams bestehen aus drei bis fünf Personen, z.B. haben wir ein NO-Agile-Team, da sind auch Agile Coaches darin beschäftigt, dann haben wir ein Digitalisierungsteam. Da gibt es aber z.B. eine Kollegin, die sowohl im Digitalisierungsteam als auch im NO-Agile-Team ist, weil sie die Expertise mitbringt und dort in Projekten mitarbeitet. Dann gibt es ein Operation-Excellence-Team, das ist so der administrative Bereich. Weiters haben wir ein Vertriebsteam und eine Person, die im Vertriebsteam ist, ist wiederum auch im Digitalisierungsteam, weil sie da Experte ist. So vermischt sich das total. Das ist echt schwierig.

0:41:40 Marco

Jetzt habe ich ein Wort gehört, dass uns in dem Kontext wahrscheinlich noch weiterhilft: Projekte. D.h., die sind dann zusätzlich auch noch innerhalb der Projekte ein Projektteam.

0:41:54 Teilnehmer

Genau. Die sind z.B. auch zu Dritt bei einem Kunden in einem Projekt als Agile-Coaches eingesetzt und haben dann auch noch ihre Projektarbeit, wo wir versucht haben, das in OKR zu bringen. Das war auch noch eine Herausforderung. So hat sich das ganz viel vermischt und es war ganz schwierig, der Systematik zu folgen, die eigentlich total verständlich ist. Aber in der Praxis…

0:42:23 Marco

Ich kann das ein bisschen auseinander sortieren, wo das herkommt. Ich kann es dir auch wieder zusammen bauen. Die Frage ist, ob alles, was man dann damit machen kann oder will, für euch hilfreich ist.

Liegt da ja eine Matrixstruktur darunter. Eine Person ist jetzt sowohl in dem Projekt A als auch in dem Kompetenzfeld Agile-Coach. Jetzt habe ich die Herausforderung, die ich eigentlich nicht haben will, dass eine Person aus zwei Richtungen gezogen wird. Wenn jemand sagt: Ich habe hier eine Interessenslage zu vertreten. Und eine andere Person sagt: Ich bin Projektleiter für dieses Projekt, ich habe hier eine Interessenslage zu vertreten. Dann kommen wir in das Spannungsfeld, das wir genau nicht haben wollen.

Wir wollen ja jemanden haben, der in einem Team sitzt, wo das ganze Team darauf schaut und sagt: Wow, wir als Team sagen, mit der Herausforderung, die vor uns liegt, können wir umgehen und ist so am besten zu schaffen und das, was wir uns hier vorgenommen haben, ist auch denkbar und machbar und zwar so und so. Mit unserer Expertise kriegen wir das hin. Das ist zwar sportlich, aber das geht.

Sobald du an einer Person zwei unterschiedliche Anschlusspunkte machst und sozusagen Verantwortung knüpfst, ist die Summe, die auf diese Person einprasselt erfahrungsgemäß immer grösser als 100%. Wahrscheinlich eher in Richtung 200%, weil jeder Einzelne sagt: Na ja, was stellst du dich denn so an, das ist ja noch nicht Vollgas. Aber zwei Mal noch nicht Vollgas ist trotzdem zu schnell.

Dieses Dilemma kann man nicht der einzelnen Person zum Lösen geben. Wie soll ich das denn zufriedenstellend machen? Ich kann ja nicht nach oben sagen: Ich glaube, es ist zu viel. Weil die Anforderung von der einen Seite ist vielleicht 40%, die andere ist vielleicht 90% und da niemand von den Beiden sehen kann, dass es über 100% ist, kommt immer nur die Wahrnehmung: Ich krieg immer nur zu hören, es sei zu viel.

Das wollen wir ja versuchen zu vermeiden. Folglich müssen wir uns entscheiden, welcher Achse der Matrix geben wir denn eigentlich den Vorrang? Das ist dann die führende Logik und das andere ist eine lose Interessensgemeinschaft. Die hat also nichts zu melden, auch nichts zu wollen. Sie kann irgendwie Interessen „bekunden“ und „Erfahrungen austauschen“, aber keine Anspruchshaltung an die einzelnen Personen entwickeln.

Wenn man z.B. ein Spotify-Modell anschaut, dann würde das sich Gilde nennen. Die führende Logik ist das Produkt und die funktionale Befähigung führt dazu, dass man sich in einer Art Gilde zusammen schließt und sagt: Im Produkt A haben wir folgende Erfahrungen gemacht, das ging so und so am besten. Wie kann man das denn übertragen? Wir haben im Produkt B folgende Erfahrung gemacht, das ging so und so am besten. Aber das heißt nicht, dass Produkt B verpflichtet ist, die Erfahrung aus Produkt A anzuwenden und umgekehrt, sondern es ist eine lockere Interessensgemeinschaft.

Die treffen sich zum Erfahrungsaustausch und versuchen best Practise auszutauschen. Es gibt aber keinen Layer, der sagen kann: So, alle machen das jetzt wie folgt. Sonst hättest du ja wieder den Durchgriffsversuch, der in der Matrix wieder zu den Spannungen führt.

Ist das Problem nachvollziehbar?

0:46:26 Teilnehmer

Ja. Du würdest also empfehlen, dass ich die Person, die sich eigentlich zweiteilt, weil sie in zwei verschiedenen Teams ist, dass sie bei an einem Ort nur als Mitglied der Interessensgemeinschaft dabei ist?

0:46:38 Marco

Das ist nochmals eine Ableitung, die würde ich nochmals zurückstellen. Wir kommen gleich nochmals aus einem anderen Blickwinkel drauf.

Zuerst wäre mal wichtig zu sagen: Man entscheidet sich für einen Pfad. Der ist idealerweise das Produkt: Produkte A, B, C. Darunter sind dann crossfunktional unterschiedliche Fähigkeiten, die sich entscheiden, wie sie das konkrete Problem in diesem Produkt lösen und die sich mit den gleichen Fähigkeiten der anderen Produkte regelmäßig über Erfahrung, best Practise usw. austauscht.

Jetzt ist leider die zweite Frage: Was ist denn in eurem Kontext eigentlich das Produkt?

0:47:22 Teilnehmer

Die Dienstleistung.

0:47:23 Marco

Jetzt muss man noch ein bisschen draufschauen. Das Produkt ist eher so gedacht: Ich habe eine konkrete Vorstellung von etwas, was jemand brauchen könnte, und das baue ich dann. Wenn ich das sehr gut verstanden habe, was ich da baue, dann finde ich Leute, die sich Kunden nennen, die das Problem, das sie haben, mit dem Produkt oder der Dienstleistung, das ich gebaut habe, lösen wollen.

Das ist was anderes als: Ich habe ein bestimmtes Set an Skills und gewisse Fähigkeiten. Wenn jemand mit einem Problem kommt, finde ich mit Sachen, die ich kann, eine Lösung für dessen Problem. D.h. also, das „klassische“ Projektgeschäft in seiner Reinform. Projekt heißt ja per Definition: Es gibt ein definiertes Ziel, es gibt einen definierten Zeitraum und ich besorge unterwegs dafür die Ressourcen, also Fähigkeiten, Fertigkeiten und Menge, die ich brauche, um das Ziel im gegebenen Zeitrahmen zu erreichen.

Produktlogik in OKRs heißt: Ich habe eine gewisse Anzahl an Ressourcen, die ist fix. Ich habe eine gewisse Menge an Fähigkeiten, ich habe eine bestimmte Vorstellung, wo ich das ganze hintreiben will und was hier atmet, ist der Scope. Nämlich das, was ich innerhalb dieses Zeitraums mit den Ressourcen, die ich habe, nach den Vorstellungen, die ich vom „Markt- oder Kunden-Problem“ entwickelt habe, herstellen kann.

Ein ganz anderer Teil der Gleichung ist fix und ein anderer Teil der Gleichung ist variabel. Wenn ich versuche, die zwei Sachen miteinander zu vermischen, also die Denkweise von OKR in einem Produkt und die Denkweise des Kunden aus einem Projekt - der Begriff „Projekt“ ist leider unterschiedlich konnotiert, aber eigentlich ist er ja klar definiert – dann hast du plötzlich eine Gleichung mit allen Teilen variabel, also Scope, Zeitraum, Ressourcen, oder alle Teile fix. In beiden Fällen geht die Gleichung nicht auf.

Beschreibt das ein bisschen euer Problem?

0:49:42 Teilnehmer

Ja.

0:49:45 Marco

Jetzt ist, nach der langen Vorrede, der Weg da wieder heraus, seine Dienstleistung zu „produktisieren“ und zu sagen: Wir haben drei, vier, fünf, sechs, sieben Teams mit unterschiedlichen Produkten, einem Lösungsbaukasten, aber die sind „produktisiert“. D.h., die haben bestimmte Lösungen und wenn jemand kommt und das Problem hat, das wir gedanklich schon gelöst haben, dann können wir das innerhalb dieser Teams super tun. Wir wissen ungefähr, wie lange das dauern wird, wie viel das kosten wird, wir haben ein ungefähres Ergebnis vor Augen, was das bringen wird. Wir haben schon eine sehr „produktisierte“ Wahrnehmung unserer Dienstleistung.

Dann ist es nur noch die Herausforderung, die Kunden zu finden, die das Problem haben, was ich lösen will, und nicht jemanden zu finden, der sagt: Hey, ich habe so ein Problem, das könnte ungefähr in euren Expertisenbereich reinpassen. Jetzt macht euch mal Gedanken, wie ihr mein ganz spezielles Problem lösen wollt. Das ist nämlich wieder reines Projektgeschäft und dann kommst du mit dem „OKR-Ansatz“ – ich habe Ressourcen, ich weiß, wo ich hin will und ich versuche nun, mit den coolsten Schritten voran zu machen. Da kommst du in ein Spannungsfeld und das geht dann logisch nicht mehr auf.

Die kurze Antwort am Ende der langen Ausführung ist: Man muss sich entscheiden, ob man ein wirkliches Projektgeschäft machen oder ob man „produktisierte“ Dienstleistungen bauen und damit in der Produktlogik arbeiten will. Wenn man das nicht will, dann ist die Antwort vielleicht auch, dass OKR nicht das beste Tool ist, um das Ganze zu steuern. Dann sind vielleicht irgendwelche dynamischen Ressourcenallokations-Methoden sinnvoller als ein „produktisierter“ Ansatz, bei dem ich sage: Ich mache jetzt drei Monate lang eine Iteration und dann kommt das raus. Dann versuche ich, möglichst in Ruhe daran zu arbeiten und nicht dauernd die Seiteneffekte von den Leuten rechts und links des Zauns, resp. „Kundenprojekte“ anzunehmen und die so schnell wie möglich wieder zurück zu spielen.

Das hat aber eine relativ große Auswirkung auf das gesamte Selbstverständnis des Unternehmens und wie man mit Kunden umgeht, interagiert, was für Kunden man sucht, wie man die sucht, wie man die findet, wie man sich bezahlen lässt.

0:52:26 Teilnehmer

Die Person, die du gerade beschreibst, haben wir dann in unserem Vertriebsteam und die Arme ist z.B. spezialisiert, im nächsten Quartal im Bereich Agilität und Kunden im Bereich Norddeutschland und wir haben da verschiedene Methoden, die sie evaluiert und mit einem Ergebnis, natürlich.

Und das Projektteam hattest du angesprochen. Wir haben schon „produktisierte“ Dienstleistungen im Bereich von Agilität z.B. wird alles weiter entwickelt, damit wir am Ende dann die Schublade öffnen können. Aber es gibt dann noch dieses Projektgeschäft, wo sie dann im Projekt sind und das machen müssen, was der Kunde sagt. Also, wir haben beides.

0:53:11 Marco

Da ist halt die Frage: Willst du beides?

0:53:14 Teilnehmer

Aber mit dem Projektgeschäft machen wir ja Umsatz!

0:53:21 Marco

Das ist ja grundsätzlich nicht das Problem, sondern du kannst auch mit „produktisierten“ Dienstleistungen Umsatz machen. In Teilen sogar mehr und sogar mehr Ertrag. Aber der Teil „Wir machen dann im Rest unserer Zeit das, was der Kunde sich so vorstellt, das ist halt sehr schwer planbar und steuerbar. Ich sage nicht, man soll das nicht tun, ich sage auch nicht, man soll das andere tun, sondern, das ist eine strategische Entscheidung.

Wenn man sich dagegen entscheidet, dann kann man diese „produktisierten“ Dienstleistungsteile super durch OKRs steuern. Beim anderen Teil „Wir verkaufen unsere Zeit“ können OKRs relativ wenig helfen. Jemand sagt: Ich habe Geld, aber keine Zeit oder keine Ahnung. Die andere Seite sagt: Ich habe Ahnung, aber kein Geld und ein bisschen Zeit übrig, wollen wir tauschen? Das ist aber sehr opportunistisch und im Sinne von „Sag mal, was soll in drei Monaten rauskommen außer einer gewissen Billable-Hour-Quote?“ Das ist halt für OKRs total nicht spannend.  Da kann man nicht viel damit machen.

Ich sage nicht, dass das kein gutes Geschäftsmodell ist, ich sage nur, dass das kein guter Match ist zwischen dieser Form eines Geschäftsmodells und einem Produktsteuerungsansatz wie OKR.

0:54:45 Teilnehmer

Okay.

0:54:50 Marco

Ich hatte es befürchtet, dass es eine größere Runde ist, die man da fliegen muss...aber wenn man den Weg geht, kann man die Geschichte positiv abschließen.

Wir selber sind den Weg gegangen, es hat ganz gut funktioniert. Ich habe in ganz vielen Agenturen und Softwarehäusern & Co. dabei begleitet, diesen Weg zu gehen und der hat positiv geendet. Es gibt am Ende des Tages eine Menge Geschichten, die dafür sprechen, das so zu machen und zu betrachten und dann hinten raus wieder „gestärkt“ rauszukommen. Aber immer muss das auch nicht sein. Wenn man sagt. Wir wollen einfach die Billable-Hour-Quote hochhalten, dann muss man halt überlegen, ob man in dem Bereich vielleicht lieber nicht mit OKRs steuert, weil das vergebene Liebesmühe ist.

0:55:38 Teilnehmer

Ja, das habe ich leider auch feststellen müssen.

Also zusammengefasst müssen wir uns über das Geschäftsmodell Gedanken machen oder …

0:55:46 Marco

Ja, du kannst es ja so ein bisschen wie SAP betrachten. Die sagen: Wir machen nicht das, was sich alle Leute vorstellen und nennen das dann Software. Sondern wir bauen das, was wir glauben, was viele Leute brauchen können, aber nicht alle. Wenn sich die einen oder anderen bestimmte Teilbereiche anders vorstellen, dann müssen die vielleicht jemand anderen suchen, der in dem Teilbereich daran customized. Aber wir werden das nicht tun. Das ist ein Modell, das erfolgreich funktionieren kann. Das andere kann sein: Wir sind ein Customizer. Kann auch super sein. Oder haben einen bestimmten Bereich, der customized, und einen bestimmten Bereich, der „produktisiert“. Die muss man dann aber vielleicht auch unterschiedlich steuern. Und unterschiedlich verkaufen. Wenn du agil entwickelst, musst du auch agil verkaufen. Wenn du Wasserfall verkaufst und agil entwickelst, dann hast du auf der Seite wieder ein Spannungsfeld, das sich auch nicht löst. Das muss auf den unterschiedlichen Ebenen zumindest durchgängig und konsistent sein. Dies mal als Zusammenfassung.

0:56:56 Teilnehmer

Okay. Vielen Dank.

0:56:59 Marco

Hat das die Frage beantwortet?

0:57:01 Teilnehmer

Ja.

0:57:03 Marco

Sehr gut.

Wie bildet man Tagesgeschäft in OKRs ab?

0:57:33 Teilnehmer:

Vielen Dank für die Runde, ich bin zum ersten Mal hier.

Seit einem halben Jahr versuchen wir, OKRs einzuführen und die Person, die damals damit betraut wurde, ist jetzt inzwischen im Mutterschutz und jetzt rutsche ich da rein. Ich stehe damit noch ziemlich am Anfang.

Wir haben damals versucht, es so zu machen: Es gibt Unternehmens-OKRs und darunter auch für jedes Kompetenz-Zentrum. Kompetenz-Zentren sind so eine Art Abteilungen. Wir sind eine Webseite, d.h. Kompetenz-Zentren sind dann: Redaktion, Social Media, Grafik, Technik, aber auch Vermarktung. Grade aus der Ecke Redaktion, aber auch von Social Media, kam immer wieder das Thema „Ja, aber unsere Arbeit besteht zu 95% aus Tagesgeschäft“. Deswegen ist meine erste Frage: Was macht man mit dem Thema Tagesgeschäft?

0:58:52 Marco

Lass uns nochmals ganz kurz auf dieser Unternehmensebene bleiben. Wir hatten vorhin schon kurz angesprochen, dass wir gerne wollen, dass die einzelnen Objectives nicht einzelnen Bereichen oder Kompetenzen zugeordnet sind, sondern eigentlich ein crossfunktionales, übergreifendes Ergebnis beinhalten. Ich würde mal vorausschicken, dass man das auf der Ebene auch weiterhin betrachtet, also dass man sagt: Die einzelnen Objectives sind nicht die Kompetenz-Zentren und jedes Kompetenz-Zentrum hat ein O, sondern wir versuchen, als Unternehmen crossfunktional Ziele zu erreichen, die dann dazu dienen, dass wir im Zeitverlauf voran kommen.

Die konkrete Frage nach dem Tagesgeschäft ist ja die Grundsatzfrage: Soll das rein oder nicht? Wir sind ganz klar dafür: Ja, das da rein soll. Denn sonst mache ich ja Zeug, das ich Tagesgeschäft nenne, aber ich sage dir nicht, was da rauskommen soll. Und ich sag es mir selber auch nicht. Ich habe keinen Erwartungswert daran, was mit 95% meiner Zeit eigentlich passiert.

1:00:16 Teilnehmer

Aus der Social-Media-Ecke kommt immer: Unser allergrößtes Ziel, an dem wir zum grössten Teil der Zeit arbeiten, ist: Wir wollen insbesondere das Instagram-Account grösser kriegen und Follower aufbauen.

1:00:30 Marco

Aber ihr seid eine News-Webseite?

1:00:32 Teilnehmer

Wir sind u.a. News-Webseite, aber wir sind auch eine Fußball-Webseite.

1:00:37 Marco

Da muss man aber kurz die Frage stellen, warum ihr denn ein Instagram-Account aufbauen wollt.

1:00:45 Teilnehmer

Um Reichweite zu generieren, um damit später Leute auf die Webseite zu ziehen.

1:00:50 Marco

Dann muss man wahrscheinlich auf der Strategie-Ebene ein paar Sachen glatt ziehen. Was soll denn das bringen? Social-Media zu machen, um Social-Media zu machen, kann in eurem Bereich natürlich auch kontraproduktiv sein. Wenn ich es irgendwie anders mache, dann ist die Reichweite noch mehr da, wo du sie nicht haben willst, nämlich bei den Leuten, die damit Geld verdienen, deinen Content zu nehmen und den gegen Werbemaßnahmen zu kapitalisieren. Da muss man auf der Strategie-Ebene schon relativ klar sein, was das eigentlich bringen soll.

Dagegen würde ich schon auch deutlich messen. Wenn man sagt, es ist eben genau kein Selbstzweck, ein Social-Media-Account zu haben, wo ganz viele Leute followen, wir unseren Content reingeben und der Facebook-Konzern daraus besser kapitalisiert, sondern offensichtlich ist es für uns nur dann sinnvoll, wenn das eine valide Quelle ist, kostenlosen Traffic zu bringen. Denn wenn wir uns das „ranzüchten“, dass wir denen immer die Inhalte geben, dann kapitalisieren die das gegen Werbung und der Algorithmus sortiert das so, dass immer dann, wenn irgendwie ein Link von uns dabei ist, kriegen wir die Reichweite gar nicht. Dann müssen wir denen jetzt auch noch Geld dafür geben – das kann ganz schön in die Hose gehen.

Folglich würde ich da schon sehr iterativ versuchen zu sagen: Was soll denn bei dem ganzen Tagesgeschäft rauskommen? Wie ist das beweisbar? Wie machen wir da Schritte in die richtige Richtung, dass wir sagen: Die Bemühungen und das Geld, das wir reinstecken, um Social-Media zu treiben, führt nicht zu einer Bereicherung von Facebook, was Traffic, Ad, Spam und Daten angeht, sondern führt in Summe auch dazu, dass wir eine bessere Profilierung kriegen. Also, dass wir mehr Traffic kriegen, dass die Geschichten dazu führen, dass die Leute überhaupt bei uns reinkommen, aber auch bleiben. Wo kriege ich denn Leute her, die vielleicht beim zweiten Mal nicht wieder über ein Instagram-Account kommen, sondern sich die Marke gemerkt haben und „direct Traffic“ generieren?

Auf dem Gesamtbild musst du erstmal diesen Strategie-Layer sortieren und dann versuchen, dagegen zu arbeiten. Wenn man immer sagt: Na ja, wir machen Social-Media. Warum? Ja, weil wir das Social-Media-Team sind! Dann weiß ich zwar, dass danach die Zeit und das Geld weg sind, aber ich weiß nicht, ob ich dann das bekommen habe, was wir uns eigentlich davon versprochen haben.

Jetzt müsstest du kurz die Frage beantworten: Glaubst du, das ist allen Beteiligten auf dem Level so klar, dass alle unmissverständlich sagen würden: Ja, genau so sehen wir das und daran richten wir uns auch aus. Oder nicht?

1:03:51 Teilnehmer

Ich glaube schon. Das Thema, davon Facebook profitieren zu lassen, kommt natürlich schon immer. Wir sind aber nach einem Jahr des reinen Follower-Aufbaus dazu immer wieder übergegangen, über Storys Inhalte zu verteilen und dadurch wirklich signifikant Traffic auf unsere Webseite zu ziehen. Es funktioniert schon ganz gut, aber es ist eben weiterhin das Thema, dass eben diese Abteilung – da hängt dann noch das Kompetenz-Zentrum der Grafik mit dran, die natürlich die Grafiken bringen müssen – immer wieder sagt: Wir machen halt das „überwiegend“. Wir haben vielleicht auch mal ein paar andere Sachen, aber …

Für uns war es immer wieder die Frage, aber die ist jetzt schon beantwortet worden: Soll das Tagesgeschäft irgendwie in die OKRs integriert werden oder nicht?

Bei der News-Redaktion ist es dasselbe. Die bringen halt überwiegend News.

1:04:44 Marco

Wenn wir uns darüber im Klaren sind, was die großen Strategien sind, dann ist es ja auch relativ offensichtlich, dass es nicht so schlau ist zu sagen: Das Tagesgeschäft lassen wir mal raus. Was sollen denn die anderen 5% denn noch auf die Strategie ausrichten?

Die Frage ist ja, wenn ich 95% meiner Energie aufwende, dann würde ich ja gerne verstehen und lernen, ob das in die richtige Richtung geht und ob ich diesen Bemühungen weitere Bemühungen folgen lassen sollte oder ob ich vielleicht etwas anpassen müsste. Deswegen ist schlau zu sagen: Das Objective beschreibt ja den Zustand, den wir in diesen drei Monaten abschließbar erreichen können, um dann zu sagen, KPI wäre für ein Social-Media-Team so etwas wie organischer Traffic, den wir aus den sozialen Netzwerken auf unsere Seite holen. Wenn ich ein bestimmtes, beschriebenes O erreicht habe, müsste ich ja irgendwie feststellen, dass sich der Zeiger in die richtige Richtung bewegt. Wie viel sich der bewegt? Ich weiß es nicht, multivarianter Test, brauche ich weder versuchen zu beweisen, kann ich auch nicht, brauche auch keinen Erwartungswert anzunehmen, bringt auch nichts. Aber ich muss gucken: Gibt es dazu zumindest mal eine Korrelation, aus der sich eine Kausalität herstellen lässt.

Dann kann ich sagen: Jetzt habe ich das einmal ausprobiert, der Zeiger hat gezuckt, er ging schon mal in die richtige Richtung. Oder nicht. Kann ich drei oder vier verschiedene Hypothesen bauen, von denen ich etwas lernen kann? Welche Themen in den Storys bringen mir User, die sich einen Account anlegen? Welche Traffic-Quelle mit welcher Geschichte bringt mir jemanden, der sich zu einem User anmeldet, den ich danach ohne Social-Media wieder erreichen kann?

Wenn ich das über den Zeitverlauf herausarbeiten kann, dann weiß ich auch viel besser, wo ich meine Ressourcen in diesem „sagenumwobenen“ Tagesgeschäft investieren soll. Wenn ich sage: Ich lasse das einfach einen wilden Klumpen und ich investiere dafür 95% meiner Ressourcen und versuche weder zu sagen, was das bringen soll, noch iterativ zu lernen, wäre das ein Risikoprofil, das ich an der Stelle als sehr riskant empfinden würde und mich unwohl fühlen würde, wenn es meine Company wäre.

1:07:19 Teilnehmer

Danke. Darf ich noch eine weitere Frage stellen?

1:07:24 Marco

Ja.

Wie geht man bei OKR mit fehlender Priorisierung und unvorhersehbaren Themen um?

1:07:25 Teilnehmer:

Wir hatten neulich OKR-Planung mit dem Bereich Technik und da kam aus der Devops-Infrastruktur-Ecke das Argument: Wir können nicht drei Monate planen, denn Infrastruktur ist nicht planbar. Das war das erste, was gegen OKR kam. Das zweite war: Eigentlich haben wir zwanzig Baustellen, die alle total wichtig wären und uns fehlen Ressourcen und eigentlich könnten wir die Augen schließen und auf was zeigen und das können wir dann als OKR nehmen.

1:08:00 Marco

Das nennt man „Alles dem Zufall überlassen.“ Da stecken auch wieder mehrere Themen drin. Das eine Thema ist: Wenn alles wichtig ist, dann ist nichts wichtig.

Das härteste Bild der Priorisierung ist die Triage. Du kommst als Sanitäter oder Arzt an einen Unfallort und musst auf jeden Fall zuerst sortieren. Du hast nicht mehr Ressourcen als die, die da sind. Trotzdem ist an jeder Ecke eine helfende Hand erforderlich. Jetzt musst du natürlich dazu sehen: Wo sind die Hände, die ich habe, am sinnvollsten eingesetzt? Also: Wo lässt sich der größtmögliche Schaden abwenden? Welche „negative“ Auswirkung muss ich leider hinnehmen, weil ich nicht mehr Ressourcen habe? Das ist ein sehr harter Prozess, deshalb versucht man ja auch, ihn wo immer es nur geht zu vermeiden. Aber wenn du ihn mal hast, dann ist es halt hilfreich, ihm ins Auge zu schauen und zu sagen: Okay, jetzt müssen wir den Prozess auch gehen. Nichts destotrotz kann man sagen: Uns fehlen drei, vier, fünf, sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um das Problem langfristig nicht nochmals auftreten zu lassen. Dann kann man entscheiden, ob man das ändern will oder nicht. Aber für den Moment hast du so viele Ressourcen, wie du hast.

Dann ist es relativ unwahrscheinlich, dass zwanzig Themen alle gleich verteilt sind. Das wäre sehr selten. Das würde ich ungesehen in Frage stellen, dass egal, was du anfasst, alles den gleich großen Impact hat. Wenn man das mal anschaut, kann man das wahrscheinlich sortieren nach: Wo ist der Schaden am größten? Das macht man zuerst. Die Liste gehst du durch, bis du sagst: Jetzt habe ich so und so viele Ressourcen und den, den und den Schaden kann ich abwenden. Darunter, tut mir leid euch zu sagen, wird es wehtun, aber es wird knallen. Besser anschnallen und schon mal darauf vorbereiten, weil es nicht absehbar ist, dass wir diese Bälle auch gelöst kriegen.

Das weiß ich lieber, bevor es so weit ist. Das entscheide ich lieber aktiv, als es dem Zufall zu überlassen. Wenn ich es dem Zufall überlasse, habe ich wahrscheinlich die Situation - um bei dem Bild zu bleiben - Wo es am lautesten schreit, ist nicht zwingend der Ort, wo Hilfe am erforderlichsten ist. Da, wo es möglicherweise nicht mehr schreit, ist der Schaden möglicherweise noch etwas grösser. Ich bin mir durchaus bewusst, dass es ein sehr massives Bild ist. Aber es macht sehr stark deutlich, dass du die Ruhe bewahren musst und sehr genau analysieren musst, wo du am sinnvollsten eingreifst und wo geht damit einher, dass da ein Schaden ist, der verkraftbar ist. Diese Diskussion würde ich mit den Leuten führen und sagen: Lass es uns doch nochmals sortieren. Wenn es für zwanzig Themen nicht reicht, reicht es für fünf. Was sind die fünf, die wir uns jetzt vornehmen müssen? Sonst wird es ganz hässlich.

Was glaubst du, wenn du diese Diskussion anregst?

1:11:33 Teilnehmer

Das Problem ist, wir haben schon ein einziges Thema: das Image, Image-Handling in die Cloud verlagern. Daran arbeiten wir schon ein halbes Jahr, daran werden die auch noch einige weitere Monate arbeiten. Es ist auch klar, dass das das Thema Nummer 1 ist, aber sie sehen sich nicht in der Lage, da ein OKR zu formulieren, weil sie nicht abschätzen können, wo sie in drei Monaten sein könnten oder wo sie sein wollen.

1:12:00 Marco

Die Frage ist immer dieselbe: Ist der Berg zu groß, muss ich versuchen, ihn in kleinere Stückchen aufzuteilen, um dann zumindest zu sagen: Geht das in die richtige Richtung? Bildlich gesprochen: Wenn du ein Haus baust, ist es übertrieben anzunehmen, das Haus ist in drei Monaten fertig, alle sind eingezogen, alle sind happy. Du kannst aber hinkriegen, dass du einen Rohbau hast, wo das Licht brennt. Kannst du da einziehen? Nein. Kannst du im Dunkeln arbeiten? Ja. Das hat so einen Teilbereich, der hat ein Bild im Kopf, damit kannst schon etwas anfangen, du hast einen gewissen Nutzen gestiftet, hast eine Abgeschlossenheit. Damit ist mal ein Teilbereich erledigt.

Erfahrungsgemäß findest du bei solchen Projekten schon auch Teilbereiche, die man danach als erledigt betrachten kann und wo man danach auch immer sagen kann: Bis hierher hat uns das schon mal ganz gut weitergetragen und wenn es sich jetzt weiterentwickelt, dann geht es auch in die richtige Richtung. Oder: Das wird nie was, lass uns das auslagern, abbrechen, was auch immer. Nur musst du natürlich die Entscheidung treffen, ob du auf dem richtigen Pfad wandelst oder doch irgendwie überlegst, es nicht selbst zu entwickeln, sondern es bei Amazon irgendwohin zu werfen, oder was auch immer die inhaltlichen Antworten sind.

Wenn du einfach ganz lange weitermachst, wirst du halt nie zu dem Punkt kommen, wo du sagst: Jetzt stopp mal, die Ressourcen sind hier fehlinvestiert.

1:13:42 Teilnehmer

Dankeschön.

1:13:44 Marco

Glaubst du, dass du diesen Punkt finden kannst?

1:13:49 Teilnehmer

Ja. Das Problem bei der Sache ist halt immer, dass das halt für alle außerhalb Rocket Science ist und wir können da halt nur von außen draufsehen und haben inhaltlich überhaupt keine Ahnung davon. Wir sind irgendwie von diesen Leuten abhängig und die bocken momentan ziemlich.

1:14:17 Marco

Vielleicht wäre es ganz gut, wenn jemand, der in der Organisation die Verantwortung trägt, zumindest mal überblicken kann, was da inhaltlich dahinter steht, und zu sagen: Das kann man auch auslagern, das dauert dann nur noch drei Tage und dann ist der Lack ab. Oder wie auch immer. Das wäre schon mal gut, wenn jemand das Gesamte inhaltlich überblicken könnte, um die Diskussion auch auf einer Augenhöhe zu führen. So ist es natürlich schwierig, etwas mit Zielen und so zu verhandeln und zu diskutieren, wenn ich gar nicht in der Lage bin, inhaltlich zu erfassen, worum es hier eigentlich geht. Es sollte schon jemand mit am Tisch sein, der das Gesamtthema überblicken kann und versucht, das dann ein bisschen mit zu sortieren. Dann kommst du auf so ein „Geben und Nehmen“. Eigentlich wollen wir zusammen herausfinden, wie wir das Problem am besten gelöst kriegen. Ich bringe nochmals das alte Agilitäts-Bild: Es geht ja nicht darum, dass wir ein Auto bauen wollen und in drei Monaten muss das gebaut sein, sondern du willst in drei Monaten vier Räder an ein Brett gemacht haben, mit einem Seilzug den Berg runtergefahren sein und festgestellt haben, dass du Bremsen vergessen hast.

Also musst du überlegen: Was ist mein Holzbrett auf vier Rädern? Was kann ich in drei Monaten herstellen und damit den Berg runter rutschen, um zu verstehen, ob es Sinn macht, was wir da machen. Optimieren wir die richtigen Sachen?

1:16:04 Teilnehmer

Danke.

Wie viel Zeit sollte man zum Erreichen eines Key Results einplanen?

1:16:12 Teilnehmer:

Ja, wenn ich jetzt niemandem etwas wegnehme.

Meine Frage ist auch ganz kurz. Es geht um die Key Results. Ich hatte mal in einem der Podcasts aufgeschnappt, was eine Orientierung für die Zeit ist, die man für die Erarbeitung eines Key Results in Anspruch nimmt. So als Richtwert soll es drei Tage sein. Ist das so? Bei uns war es teilweise so, dass man Key Results hatte, wo gesagt wurde: Ja, aber da brauche ich eine ganze Woche! Oder: Das ist in einem Tag fertig. Es war ziemlich unterschiedlich und dann habe ich mir die Frage gestellt, ob das jetzt ein Richtwert ist und es kann sein, dass es so unterschiedlich ist? Aber am Ende muss man in die Karten gucken und das Quartal hat nur so und so viele Tage: Passt das alles, was wir uns hier vornehmen?

1:17:09 Marco

Das, was du sagst, ist ja die Grundidee von dem Ganzen. Lass mal überschlagsweise schauen: Wie viel Anstrengung muten wir uns denn dazu? Meine Aussage dazu ist i.d.R.: Ein Zwanzigstel der Ressourcen und ein Key Result wäre so eine grobe Daumenregel, die ganz gut zueinander passen würden. Wenn du feststellst, du hast ein anderes, das deutlich weniger anstrengend ist, dann kannst du eins haben, das deutlich anstrengender ist, aber in Summe muss es ja irgendwie aufgehen.

Wenn du jetzt eine Person bist, dann ist ein Zwanzigstel von 60 Tagen ungefähr der Zeithorizont, den du hast, um ein Ergebnis zu formulieren. Wenn du ein Team von zehn Personen bist, dann sind es halt entsprechend zehn Mal so viele Personentage pro Key Result. Das gibt dir ja nur eine grobe Ausrichtung, es könnte mehr oder weniger sein. Wenn du festgestellt hast: Oh, da haben wir ja eine Sache, die eigentlich zwanzig oder sechzig Tage dauern könnte, aber irgendwie haben wir das nirgends aufgenommen. Dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass das mit den anderen Themen bezüglich Ressourcen in Konflikt gerät und deswegen ist es ratsam, dass man das grob überpeilt, immer im Verhältnis, wie viele Ressourcen dem gegenüber stehen. Eigentlich ist die Aussage: Ein Zwanzigstel deiner Teamgröße. Das ist so plus/minus ein Richtwert und dann kannst du sagen: Natürlich dauert das eine mehr, dann kann das andere weniger lange dauern. Aber wenn die alle schon ein Zwanzigstel dauern und dann hast du eines, das dann ein Fünftel der Anstrengungen beansprucht, dann ist das ein guter Indikator, nochmals hinzugucken und zu sagen: Ich glaube, das könnte eng werden.

1:19:15 Teilnehmer

Aber am Ende ist das doch eine subjektiv Einschätzung. Wir haben das dann so gemacht, jeder wusste ja, welche Key Results er hat und dann habe ich eine Übersicht erstellt und dann habe ich gefragt: Guckt mal, wie anstrengend euer Key Result ist, wie viel Zeit ihr dafür braucht. Am Ende brauchen wir die Verpflichtung, dass man sagt: Klar, es ist ambitioniert, aber es ist machbar.

1:19:38 Marco

Genau. Sportlich, aber machbar. Was wir ja nicht wollen, ist: Wir wollen den Erfolg nicht aus mehr Anstrengung holen, sondern es muss so eingestellt sein, dass die Anstrengung gegeben ist und der Erfolg aus dem schlauer darüber nachdenken kommt und andere Dinge zu tun. Deswegen kann man auch hier so analog zu Scram relativ schätzbar vorgehen: Wie viel Anstrengung das Key Result ist, weiß ich nicht, aber erinnere dich an letztes Quartal, da habt ihr gesagt, ihr macht das, das und das oder es kommt das, das und das raus. Das war dann ganz schön anstrengend und es hat auch nicht dazu geführt, dass das rauskam. Ist das, was jetzt hier steht, nicht ungefähr vergleichbar mit dem vom letzten Quartal? Und sollten wir dann nicht dafür lieber eines aussortieren, weil ich dann bewusst sagen kann: Das wird nicht kommen. Und nicht wieder gleich blind da reinsteuern und sagen: Na ja, das wird schon klappen. Am Ende habe ich aber wieder sieben Themen angefangen und nichts davon zu Ende gebracht.

1:20:47 Teilnehmer

Okay. Passt, danke.

1:20:52 Marco

Gern.

Wie kann man OKRs schrittweise einführen, wenn das Unternehmen sehr groß ist und die Strategie unklar ist?

1:20:53 Teilnehmer:

Hallo zusammen. Ich bin Agile Coach und unterstütze Agile Themen, aber auch OKRs, weil es immer populärer wird. Meine erste Erfahrung ist sehr positiv, die Diskussionen sind einfach sehr wertvoll, weil man fragt, was wir tun, was sagt der Kunde dazu und wer ist überhaupt der Kunde. Insofern hat die Einführung positive Ergebnisse hervor gebracht.

Bei meiner Frage geht es um das schrittweise Herangehen, wie man OKRs integriert, gerade wenn die Firma recht gross ist. Da gibt es diesen Top-Down-Approach, wo ich sage, ich brauche Senior-Leadership-Support, um das Ganze zu verstehen und wir fangen idealerweise mit der Strategie an. Jetzt würde ich behaupten: Je grösser die Firma, je schwieriger ist es, auf diese Art und Weise an das Thema heranzugehen. So, wie ich das gesehen habe, fing es weiter unten an.

Die grosse Frage, die ich mir stelle lautet: Was ist denn da drüber, wenn ich die Strategie vielleicht gar nicht so habe, dass ich sie umsetzen kann? OKRs als Umsetzungsmethode ist ja bei einer Strategie, die es nicht gibt, schwierig. Da habe ich ein gewisses Vakuum und das meiste gefüllt mit Projekten und Themen und Initiatives. Wie man das nennt, ist vielleicht nicht mal so relevant. Aber was sind so deine Erfahrungen? Kann man da irgendwie dagegen steuern?

1:22:10 Marco

Ich bin ja Hardliner im Sinne von: Wenn du willst, dass das was wird, dann muss es halt idealerweise oben anfangen, und zwar, dass es was wird, ohne dass es bei den Leuten ganz viele Ressourcen und Frustrationen auf allen möglichen Ebenen hervorruft. Mein Antritt ist: Stress und Überforderung zu reduzieren, nicht noch mehr Chaos in so einen Laden rein zu bringen. Wenn du in der Mitte anfängst, was durchaus valide und gegeben ist, weil oben drüber ein Vakuum ist, braucht man sich nicht wundern, dass das strubbelig wird.

Wenn du mich fragst: Wie ist der beste Weg, die Wogen möglichst zu glätten und zu verhindern, dass es strubbelig wird? Dann lautet die Antwort: So schnell wie möglich oben anzurufen und zu sagen: Ich habe an vier, fünf Stellen festgestellt, die Leute reden mit uns über OKRs. Wollen wir nicht oben mal verstehen, wie es so läuft, ob das für uns ganzheitlich ein Steuerungssystem sein könnte und ob es nicht hilfreich ist, das Vakuum an Strategien & Co. aufzulösen? Das wäre meine erste Empfehlung. Das spart unheimlich viel Geld, Zeit, Nerven, Frustrationen, Schmerzen, Tränen… alles.

Jetzt klappt das erstaunlicherweise nicht immer. Irgendwie haben die Leute Angst, da oben anzurufen und zu sagen: Hey, guck mal, es wäre doch besser, wenn es ein ganzheitliches Steuerungssystem gäbe und hier nicht jeder macht, was er will. Oder anders herum: nicht macht, was er will, sondern versucht, die Probleme zu lösen, die wir alle haben. Nur: Jeder versucht sie, für sich selber zu lösen und nicht wir einheitlich. Und dann müssen wir in zwei Jahren verschiedenste Problemlösungsansätze harmonisieren und versuchen, das gesamte Puzzle wieder zusammen zu bringen, wenn sich doch mal jemand bequemt hat zu verstehen, dass das ein echtes Problem ist. Das ist leider der schwierige und haarige Weg.

Deswegen kann ich nur immer wieder darauf beharren, schnellst möglich die richtigen Leute ins Boot zu holen und zu sagen: Schau, es wird für alle Beteiligten einfacher, wenn wir Klarheit über Strategien haben und zwar Strategien, die Strategien sind und nicht Commodity-Schrott und Power-Point, wo jemand sagt, was er bei BWL auf der dritten Seite gelesen hat, obwohl er vorher schon wusste, dass ein motiviertes Team ein besseres Team ist, als ein unmotiviertes Team. Das ist keine Strategie, sondern das ist eine Tatsache. D.h., die Probleme da ansprechen, wo sie wirklich sind, und nicht auszuweichen, weil man den Konflikt scheut.

Jetzt hast du mich gefragt: Wenn wir annehmen, dass sich das Vakuum dennoch nicht schließt, wie füllt man es dann?

Da wäre meine klare Empfehlung, es nicht mit irgendwelchen Ausweichbewegungen wie Aktionismus zu füllen, sondern es damit zu füllen, was man eigentlich erwartet hätte, wie das Vakuum gefüllt sein sollte, nämlich z.B. mit einer Strategie. Wenn ich keine Strategie finde, dann löse ich das Problem nicht, indem ich aktionistisch irgendwie Projekte und Initiativen und sonst was mache, sondern ich löse es am besten, indem ich sage: Hier gehört eine Strategie hin. Ich habe jetzt zweimal gefragt, habe aber keine gesehen, die mir als Strategie getaugt hat um meine Probleme zu sortieren. Deswegen habe ich mal eine formuliert, wie ich das aus meiner Position in der Mitte heraus sehe. Ich teile das mal mit euch. Ich habe das mal als Annahme für euch aus meiner Position formuliert und ich bin sehr gerne offen, dass wir das mal diskutieren. Wenn ihr das nicht diskutieren wollt, nehme ich das einfach mal so, wie ich mir das überlegt habe und nehme das mal als Grundvoraussetzung für das, was ich jetzt ableite. Jetzt warten wir noch bis drei und wenn sich bis dann keiner meldet, dann machen wir mal.

Dann kann mir danach keiner sagen: Was ist denn das? Das habe ich noch nie gehört. Dann sage ich: Doch, hast du schon. Ich habe um Klarheit in den Fällen 1, 2 und 3 gebeten, habe ich nicht ausreichend verstanden, musst du mir nochmal erklären. Dann habe ich selber versucht, Klarheit zu schaffen, aber ich habe irgendwie kein Dafür und Dawider gehört. Dann habe ich es mal so umgesetzt, weil ich ja nicht anhalten und warten konnte. Wenn du 200 oder 500 Personen hast, die von dir eine gewisse Orientierung wollen, dann ist anhalten und warten schwierig. Also habe ich meinen Leuten Orientierung gegeben. Und zwar in diese Richtung. Wenn euch das als nicht hilfreich erscheint, dann lass uns bitte darüber reden, in welche Richtung das so geht, damit wir eine gemeinschaftliche Orientierung haben.

So kriegst du nach meiner Erfahrung den Diskurs am schnellsten aufgebrochen, die Frustrationen auf allen Ebenen auf dem kleinstmöglichen gehalten. Aber das ist, dessen bin ich mir bewusst, ein nicht entspannter Weg, der natürlich auch gewisse Konfrontationen erfordert. Aber wenn ich nicht die Klarheit habe, die ich brauche um meinen Job zu machen, dann darf ich das auch ansprechen und sagen: Da fehlt mir was. Wenn das Vakuum nicht geschlossen ist, dann schließe ich das so, damit ich zumindest mal in meinem Teilbereich das Gefühl habe, die entsprechende Klarheit herstellen zu können.

1:27:54 Teilnehmer

Vielen Dank, das hat mir sehr geholfen. Ich glaube, das ist auch ein gutes Mindset für diesen Alignment-Zyklus, den man ja eh durchläuft, wo auch von unten Ideen kommen und die Strategien formieren. Das passt dann ziemlich gut dazu.

1:28:08 Marco

Das ist ja die Grundidee, dass alle Klarheit über shared Will und shared Values haben, also: Wo wollen wir eigentlich hin? Wie wollen wir uns verhalten und uns sehen? Wenn ich mich über die Strategie nicht klar fühle, dann mache ich die halt von unten. Wo die am Ende herkommt, ist ja egal. Schließlich geht es nicht darum, wer Recht hat. Es geht nicht darum, ob das oben oder unten erfunden wurde. Es geht darum, was richtig ist und ob es wirkt.

Als Führungskraft bin ich ja mit diesem Mindset total happy, wenn jemand von unten sagt: Schau mal, ich habe hier ein Vakuum geschlossen, ich habe es sogar schon mal getestet und es hat sogar funktioniert. Das ist doch total traumhaft! Dann extrapoliere ich das, nehme mir diesen Impuls und weite ihn aus. Er ist schon ein Stück weit bewiesen und scheint irgendwie ganz gut zu sein.

Ist deine Frage damit beantwortet?

1:29:13 Teilnehmer

Gut, vielen Dank.

1:29:15 Marco

Letzte Frage, wenn du noch magst!

Wie integriert man die Mitarbeiter in die Zielsetzung, sodass sie Ziele selbst formulieren und die Verantwortung übernehmen können?

1:29:20 Teilnehmer:

Ja, gerne. Ich bin grad vor, dass mein Vorredner eine Lanze für die OKR-Anfänger gebrochen hat. Zu denen würde ich mich nämlich auch zählen. Ich bin zusammen mit meiner Kollegin, die hier auch in der Videokonferenz teilnimmt, tätig als Transformationsspezialist, der Unternehmern auf dem Weg zur Zukunftsfähigkeit und Komplexität begleitet. Wir haben letztes Jahr schon mal OKR eingeführt. Ich muss dazu sagen, wir sind auch eine Organisation, die sehr grossen Wert auf Selbstorganisation und auch dynamische Rollenbilder legt. Meine Frage ist: Was ist ein gutes Vorgehen, wenn ich einen Raum schaffen will, in dem sich jeder einzelne Mitarbeiter Objectives und Key Results definieren kann, die einerseits gut im Einklang mit seinen Stärken und Kompetenzen steht, also, dass das wirklich von ihm selbst kommt und das auch selbst definieren darf, das andererseits aber auch im Einklang mit der Gesamtorganisation steht. Habe ich die Frage für dich gut formuliert?

1:30:28 Marco

Wenn du noch ein, zwei Sätze zufügen könntest, dann geht es ein bisschen besser.

1:30:35 Teilnehmer

Es ist so: Die Organisation möchte OKR einführen, wir legen Wert darauf, dass z.B. jeder Mitarbeiter auf der Teamebene für sich selbst ein Objective und Key Result definieren kann. Das wichtige ist dabei, es soll von ihm selbst kommen, damit er sich darin auch selbst wieder sieht und auch diese Eigenmotivation dabei ist. Auf der anderen Seite soll das mit den Zielen, die die Gesamtorganisation definiert hat, im Einklang sein.

Die Frage ist einfach: Wie schaffe ich dafür gute Räume? Ich gebe nochmals eins dazu, vielleicht wird es dadurch verständlicher. Wir haben letztes Jahr schon mal einen ersten Anlauf gestartet, OKRs einzuführen und ich würde sagen, es ist in der Organisation nicht auf sehr viel Akzeptanz gestoßen.

1:31:30 Marco

Warum?

1:31:32 Teilnehmer

Gute Frage. Falls meine Kollegin noch da ist und sie dazu etwas sagen kann und möchte?

1:31:40 Teilnehmer

Ja, ich kann nur sagen, für mich war heute einiges erhellend dabei und ich bin mir gar nicht mehr sicher, ob OKRs für unser Organisationsmodell das geeignete Steuerungsinstrument ist. Deswegen würde ich nochmals zwei Schritte zurück rudern. Und daran vielleicht ein Stück weit festmachen, dass das Scheitern vielleicht daran lag, dass in unserem dynamischen Rollenmodell jeder Einzelne so viele Hüte auf hat, dass es genau zu diesem „ziehen aus verschiedenen Richtungen“ kommt.

1:32:09 Marco

Wenn es in so eine holokratische Richtung geht, habe ich über die letzten Jahre sehr viele Experimente machen dürfen und habe relativ wenig davon richtig gut funktionieren sehen, wenn ich das mal so formulieren darf. Der Aufwand dieser dynamischen Rollenfindung sehr hoch war und ein sehr fluides Bild gibt. Damit ist relativ wenig fix. Ein System mit ganz wenigen Fixpunkten und ganz vielen Sachen ist am Ende, wenn alles nicht fix ist, nicht mehr agil, sondern chaotisch.

Jetzt müssen wir uns entscheiden, welchen Teil wir davon fix haben wollen. Eine Möglichkeit davon ist, dass wir das versuchen. Es gibt andere Möglichkeiten. Ich sage nicht, dass die anderen nicht funktionieren. Ich sage nur, wenn alles nicht fix ist, dann ist es Chaos. Deswegen muss man so ein bisschen in eurer Welt sortieren, was denn so die Fixpunkte in dem ganzen sind. Daraus könnt ihr dann ableiten, was das richtige Modell ist, was kann man damit machen und steuern kann.

Jetzt würde ich aber noch gerne deine Frage, wenn dir das hilft, noch versuchen konkret zu beantworten. Wie kann ich einen Raum schaffen, in dem sich Mitarbeiter selbst aussuchen können, was sie beitragen wollen, aber dass es trotzdem passt.

In meiner Wahrnehmung ist die größte Fehlinterpretation von Agilität: Hier kann jeder machen, was er will. Was in der Agilität frei ist, ist wie man es macht, nicht was man macht. Wenn sich die Company darauf verständigt hat, dass bestimmte Ziele mal so sind, weil wir glauben, mit einer Menge Leute schlau darüber nachgedacht zu haben, dass das Beste ist, was wir gerade für unsere Vision tun können, um am weitesten nach vorne zu kommen, dann ist es ja nicht hilfreich, wenn dann plötzlich alle sagen: Das habe ich mir anders überlegt, da habe ich keine Lust drauf, da habe ich keine Ahnung davon, interessiert mich eigentlich auch gar nicht – ich mache, was ich will. Das ist doch irgendwie ungünstig.

Folglich würde ich mal sagen, nach so einem anstrengenden Prozess wie in einem OKR-Workshop, wo man sagt, legen wir uns mal die Karten und gucken wir mal, wohin wir wirklich wollen, wissen wir ja Vision – Mission – Strategie. Jetzt haben wir Hypothesen, wo wir glauben, dass die Ressourcen, die wir haben, zum größtmöglichen Effekt eingesetzt sind. Jetzt besteht hier die Freiheit, dass jeder sagen kann, wie er das umsetzt. Aber nicht, was er umsetzt. Das Ziel ist also gegeben.

Dann sind wir ja total frei zu sagen: In der Summe haben wir diese Ziele im Raum. Jedes Team, jedes Individuum kann nun sagen: Was kann ich dazu beitragen? Das kann ich ja sehr, sehr stark von meinen persönlichen Befindlichkeiten, Fähigkeiten, Vorlieben usw. abhängig machen. Wenn ich über den Zeitverlauf feststelle, dass eine große Anzahl immer dabei ist, die sagt: Ich? Hier beitragen? Dazu? Gar nichts! Dann muss ich mir die Frage stellen, ob wir in der Reisegruppe richtig sind. Wenn das ganz oft nicht passt, dann sind in der Agilität der Schlüssel zum Erfolg Konzentration und Konsequenz. Wir konzentrieren uns auf die paar Sachen, die wir gemeinsam erarbeitet haben, die da sind: Was wir erreichen wollen. Die einzelnen Teams und Personen sind frei in der Ausgestaltung, wie sie es erreichen wollen. Wenn dann ganz oft Spannungsfelder dabei herauskommen, wie „Puh, das passt aber nicht zu meinen Fähigkeiten, Vorlieben…“ oder was auch immer, dann möchte ich generell die Frage stellen: Bin ich im richtigen Bus, in der richtigen Reisegruppe unterwegs? Oder: Will ich das überhaupt langfristig unterstützen, was wir hier machen? Oder: Interessiert mich das eigentlich gar nicht so wirklich?

Manchmal muss man auch Sachen machen, die nicht so zu meinem persönlichen Gusto passen. Das musst du auch machen, wenn dir der Laden gehört. Das musst du immer machen. Aber wenn man es zu oft machen muss, dann verliert man den Spaß. Deswegen sollte man dafür sorgen, dass es ein gutes Verhältnis ist. Aber es ist nicht nur: Es darf sich jeder nur raussuchen, was er gerade beitragen will, denn sonst kommen wir vielleicht gar nicht bei den Zielen an, die wir uns gesetzt haben.

So würde ich mal versuchen, das zusammen zu fassen. Ist das eine hilfreiche Perspektive für dich?

1:36:52 Teilnehmer

Ja, ich denke, da kann man was damit anfangen. Danke dir.

1:36:59 Marco

Super. Dann haben wir den zeitlichen Rahmen ganz gut ausgereizt. Ihr seid herzlich eingeladen, kommt gerne bei den nächsten Sessions dazu und wir diskutieren, ob es das richtige Modell für euch ist oder was man vielleicht noch so anpassen muss, damit es mit solchen Gesamtbildern dann in Summe aufgeht.

Vielen Dank für eure Zeit und die spannende Diskussion. Ich freue mich, wenn ihr im Mai wieder dabei seid.