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Die Erfahrungen von Gerald Heydenreich bei Pippa & Jean mit dem OKR Modell

Murakamy OKR Blog

Inspirierende Veröffentlichungen, kurze Einblicke in unser Denken, Anreize zum Nachdenken - all dies bietet dieser Blog als Sammlung zu den Themen Entrepreneurship, Management und Leadership. 

Die Erfahrungen von Gerald Heydenreich bei Pippa & Jean mit dem OKR Modell

Marco Alberti

Serial Entrepreneur Gerald Heydenreich hat bereits mehrfach erfolgreich Unternehmen gegründet und geleitet. Als Gründer und CEO von Pippa & Jean hat er vor einiger Zeit OKRs als Führungsinstrument eingeführt. In unserem Interview berichtet er über seine Erfahrungen mit dem OKR Leadership-Modell.

M: Gerald, Du bist ein erfahrener Unternehmer und hast Dich schon in mehreren Firmen mit der Führung von Mitarbeitern beschäftigt. Wir sind immer wieder fasziniert, dass es kaum Leadership-Modelle gibt, die wir während unserer Einführungsprojekte ersetzen. Welche Führungsmethoden hast Du in den bisherigen Unternehmen verwendet? 

G: Wir haben in den früheren Unternehmen unter anderem mit der Blanced-Score-Card experimentiert. Leider haben wir festgestellt, dass sie komplett unverständlich für den normalen Manager ist. Die BSC erfasst die Themen eines Unternehmens nicht wirklich umfassend. Alternativ haben wir in der Regel eigentlich mehr klassisches Projektmanagement betrieben, statt wirklich mit Zielen zu führen. Dabei ist das „Management“ in unendliche TODO-Listen ausgeartet und die Projekte uferten aus, da nicht klar definiert war, wo man eigentlich ankommen wollte. Das war auch einer der Gründe dafür, dass ich mich nach einem neuen Modell für die Führung eines Unternehmens umgeschaut habe.

M: Wie bist Du dann auf OKRs aufmerksam geworden?

G: Ich habe davon gelesen und andere Unternehmer haben mir ebenfalls davon berichtet. Dann bin ich bei Google auf die Suche nach Material zu dem Thema gegangen und dann auch recht schnell auf Euch gestossen. Dabei habe ich dann festgestellt, dass wir uns ja schon aus meinen früheren Zeiten bei BuyVIP kennen.

M: Welche konkreten Probleme wolltet Ihr mit Hilfe von OKRs lösen?

G: Ich hatte stets das Gefühl, dass ich als Unternehmer alle Fäden in der Hand halten musste. Sobald ich einen Faden locker gelassen habe, hatte ich den Eindruck, dass das gesamte fragile Gebilde im Chaos versinkt. Für den Unternehmer ist das natürlich eine extrem anstrengende Situation. Für die anderen Teammitglieder ist es vor allem auch nicht motivierend und zufriedenstellend, wenn alle Themen zentral an einer Stelle zusammen laufen und von dort voran getrieben werden. Wir wollten die Leute mehr in den gesamten Prozeß involvieren und ihnen die Möglichkeit der Mitbestimmung geben. Zudem brauchten wir feste Strukturen, in denen wir bestimmte Themen diskutieren können. Viele der Punkte wurden ad hoc diskutiert oder führten zu unendlich langen virtuellen Diskussionen und eMail Ketten. 

Bei all dem hat uns das OKR Framework stark geholfen. Es gibt nun eine feste Struktur, in der die Themen diskutiert werden, die Mitglieder des Teams sind voll in den Prozeß integriert und die Verantwortlichkeiten sind klar verteilt.

M: OKRs brauchen eine starke Vision und klar formulierte Strategien um die volle Performance zu entwickeln. Wir stellen oft fest, dass die Einführung von OKRs das Thema Vision, Mission und Strategie noch einmal neu anstösst. Wie hat sich das Thema bei Euch während der Implementierung verhalten?

G: Ich denke das Thema Vision und Strategie hat jedes Unternehmen eigentlich dauerhaft. Meist ist es nur leider nicht explizit formuliert und man macht sich nur im Rahmen eines maximal jährlich stattfindenden Budget-Planungsprozesses Gedanken dazu. OKRs zwingen einen dazu, sich wirklich regelmässig damit auseinander zu setzen und sich in jedem Quartal neu zu fragen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist und ob die Richtung ganz grundsätzlich stimmt. Bei uns hat die Einführung von OKRs nach vier Jahren den Prozeß noch einmal völlig neu angestossen, einmal klar zu formulieren, wo wir eigentlich hinwollen in den nächsten Jahren. 

M: Worauf kommt es für Dich aus heutiger Sicht bei der Formulierung von Zielen an?

G: Als Unternehmer steht man gerne auf dem Standpunkt: „Wir müssten mal dies und jenes machen.“ Dabei fällt es den Mitarbeitern dann schwer zu abstrahieren, was das für jeden einzelnen bedeutet. 

Gerade am Anfang war es schwer, zwischen Objectives und Key Results zu unterscheiden und in einer einheitlichen Qualität zu definieren. Bei dem Prozess hat uns vor allem auch Eure externe Sichtweise und Eure Erfahrung geholfen. 

Darüber hinaus muss man fairerweise sagen, dass die Machbarkeit der Ziele oft im Vorfeld nicht überprüft wurde und man immer noch etwas in die Organisation hinein gedrückt hat. Mit Hilfe der OKRs ist es nun sowohl für mich als auch für das Team deutlich klarer geworden. Wir definieren explizit und messbar, welche Ziele wir erreichen wollen und ob dies mit den verfügbaren Ressourcen machbar ist. Dabei formulieren wir auch im Vorfeld, die Messlatte, über die wir springen wollen. Wenn wir diese dann erreichen sind wir alle gemeinsam happy. Jeder weiss somit im Vorfeld, welche Erwartungen im Raum stehen und welches Kriterium zur Bewertung des Erfolges vereinbart wurde. 

M: Ich bin persönlich sehr davon überzeugt, dass OKRs ein sehr gutes Tool gegen Stress und Überforderung sind - sowohl für das ganze Team, als auch für jeden persönlich. Hast Du das Gefühl, dass Euch OKRs dabei helfen, Stress zu vermeiden und das Gefühl der ständigen Überforderung zu reduzieren?

G: Ja, das glaube ich absolut. Aber das ist vor allem ein Prozeß. Im ersten Schritt war es heftig zu sehen, welche Themen wir alle an der Wand hatten. Dadurch, dass wir einmal alle Themen, Ziele und Projekte visualisiert haben wurde uns zunächst einmal bewusst, was wir alles vorhaben. Da kam schon mal die Frage auf, wie wir das alles schaffen sollen. Im nächsten Schritt hat man als Unternehmen natürlich das Bestreben, eine krasse Gegenrichtung einzuschlagen und extrem vorsichtig zu planen. Das hätte fast dazu geführt, dass wir uns wichtige Themen in der Umsetzung im nächsten Quartal nicht zugetraut hätten.  Mittlerweile können wir aber gut und realistisch einschätzen, was innerhalb eines Quartals möglich ist und was nicht. Mit diesem stets ehrgeizigen, aber realistischen Ansatz definieren wir unsere Ziele und versuchen diese auch zu erreichen. Dadurch ist die Zufriedenheit auf jeden Fall stark gestiegen und das Gefühl der Überforderung konnte deutlich reduziert werden.

Diese realistische Sichtweise zwingt uns nun auch dazu, Dinge konsequent auf das nächste Quartal zu schieben. Das fällt einem als Unternehmer natürlich nicht immer ganz leicht. Gerade als Gründer macht man viel aus dem Bauch heraus. In vielen Fällen sehe ich schon lange im Voraus, wie sich Dinge entwickeln werden. Früher habe ich hier einfach Maßnahmen eingesteuert. Das hat oftmals zu gefühltem Chaos geführt.

Es muss jedem klar sein, dass OKRs kein Tool sind, hinter dem man sich verstecken kann. Es geht nicht darum, in einer kritischen Situation wichtige und dringende Dinge nicht zu tun, nur weil sie nicht in den OKRs stehen. Einige, die aus großen Organisationen kamen haben dies zunächst so wahrgenommen. Wenn man OKRs aber als agiles Framework versteht, dann kann man hier genau auf diese Situationen reagieren und innerhalb eines klaren Prozesses die Prioritäten neu verteilen - wohl wissend, welche Konsequenzen sich daraus für andere Ziele ergeben.

M: Habt Ihr darüber nachgedacht Eure Stylecoaches ebenfalls mit Hilfe von OKRs bei der Erreichung Ihrer Ziele zu unterstützen?

G: Ja, das haben wir! Wir diskutieren gerade intern, wie wir OKRs dazu nutzen können, unseren Stylecoaches mit dem Modell Ihre Arbeit zu erleichtern. Wir wollten das Tool zunächst intern verstehen und anwenden und können uns sehr gut vorstellen, es im nächsten Schritt auch an unsere Coaches auszurollen.

M: Nutzt Ihr weiterhin Google Docs als internes Tool zur Verwaltung Eurer OKRs?

G: Uns war bei der Einführung von OKRs wichtig, nicht noch ein weiteres Tool einführen zu müssen. Daher haben wir die OKRs in Google Docs abgebildet und sind damit bis jetzt auch recht zufrieden. Die Projekte und Aufgaben verwalten wir intern mit Asana. Aktuell schauen wir uns noch Confluence als Tool in der IT an, aber bisher sind wir hier noch zu keiner finalen Entscheidung gekommen. 

M: Ihr arbeitet mit Euren Teams an mehreren Standorten, was ja nicht so aussergewöhnlich ist. Was mich aber bei Euch besonders fasziniert hat ist, dass vor allem auch das Führungsteam „remote“ arbeitet. Wie haben OKRs Deine Arbeitsweise beeinflusst?

G: (Lacht.) Das war einer der Hauptgründe, warum ich mich nach einem neuen Modell umgeschaut habe. Ich suchte nach einer Möglichkeit ein Team managen zu können, ohne immer vor Ort sein zu müssen. Seither ist es für mich viel entspannter geworden. Das Tool ist wirklich eine super Kombination um die wichtigen Themen im Auge zu behalten, aber bei Bedarf tief in die Materie einsteigen zu können. 

Ich bin großer Fan von OKRs geworden!

M: Ganz herzlichen Dank für Deine Zeit und Deine Erfahrungen!