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AMA05: Ask me anything about OKRs - Alle Fragen rund um das OKR Modell

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Inspirierende Veröffentlichungen, kurze Einblicke in unser Denken, Anreize zum Nachdenken - all dies bietet dieser Blog als Sammlung zu den Themen Entrepreneurship, Management und Leadership. 

AMA05: Ask me anything about OKRs - Alle Fragen rund um das OKR Modell

Marco Alberti


In der Episode #05 diskutieren wir unter anderem den Unterschied zwischen OKRs und KPIs und wie man von klassisch zahlengetriebener Steuerung zu einem inhaltlichen Management kommt. Darüber hinaus diskutieren wir die Formulierung von Objectives als abgeschlossenen Zustand in der Zukunft und die Vermeidung von Key Results als reine Aufgabenliste. Weiterhin beleuchten wir erste sinnvolle Schritte in Richtung einer OKR Einführung als Pilotprojekt.

Die Episode #05 ist wie immer unter anderem bei YouTube, Apple Podcast, Spotify und Soundcloud verfügbar. Alle Fragen und Antworten findet Ihr auch unten auf der Seite als Transkript.

Wer keine Folge verpassen möchte oder gerne einmal selbst an einem AMA teilnehmen möchte, der kann sich hier zu unserer Mailingliste anmelden.

Weitere Episoden “Ask me anything about OKRs” gibt es hier.

#00:01:25# Teilnehmer: Wir sind eine Softwarefirma, die eine Bürosoftware herstellt, die wir komplett bei uns im Haus betreuen. Das wäre der grobe Rahmen. Wir gehören zu einem anderen Unternehmen, sind also eine hundertprozentige Tochter. OKRs haben wir seit ungefähr anderthalb Jahren in der Bearbeitung und sind schon relativ weit vorgedrungen, aber die Vision, Mission und Strategie fehlen uns noch. Das arbeiten und etablieren wir gerade mit der Geschäftsführung aus. Wir stehen aber vor der Schwierigkeit, den Shift von unseren KPIs, die wir natürlich erfüllen müssen, um dem Mutterunternehmen Rechenschaft abzulegen, hin zu Quartalsschwerpunkten oder OKR-Sets für das Unternehmen zu schaffen. Eine konkrete Aussage von einem Geschäftsführer war: Wir wollen immer das Gleiche, nämlich mehr Leads. 

Diese Frage hast du vielfach schon bekommen und ich habe mir die Antworten vielfach angeschaut und in den Videos gesehen, die du gegeben hast. Aber mir fehlt eine Idee, wie ich erklären kann, dass wir mit dem Erfüllen der OKRs die KPIs erreichen. Wie kommen wir gedanklich von den KPIs hin zu den Zielen, die wir für ein Quartal oder für eine Strategie verwenden können? 


Marco: Ihr werdet mittlerweile gemerkt haben, dass das mein persönliches Lieblingsthema ist, weil das Pferd immer verkehrt herum im Stall steht und wir müssen den ganzen Gaul einfach einmal umdrehen. Du hast gerade gesagt, dass ihr die Vision, Mission und die Strategien mit der Geschäftsführung noch erarbeiten werdet, aber bis dahin eure Ziele weiter verfolgen wollt. Was sollen das für Ziele sein, wenn du keine Vision hast? Dann können es nur Ziele sein, die die Finanzkennzahlen betreffen. Ihr sagt, ihr wollt mehr Leads, aber die willst du gar nicht haben, denn die sind eigentlich egal. Am Ende des Tages willst du mehr Cash und das ist langweilig.


Als Erklärung hilft vielleicht, sich zu vergegenwärtigen, dass du nicht mehr Geld verdienst, nur weil du dir das Geld der anderen ganz stark vorstellst. Du musst feststellen, dass du die Dinge nicht bekommen wirst, nur weil du sie haben willst. Wenn du verstehst, was das Problem der Leute ist, verstehst du so langsam, dass du eine Lösung für dieses spezifische Problem finden musst. Wenn du das, was jemand möglicherweise brauchen könnte, gut machst und mehr Leute davon profitieren, kann man Umsatz damit machen und wenn man sich gut anstellt, Gewinn erzielen. Es fängt aber so herum an, ein Schuh zu werden, und nicht andersherum. 


Die Geschichte wird nie rund, wenn du einfach nur mehr Umsatz generieren willst, weil sich das irgendeiner von oben gewünscht hat. Dem Kunden ist das nämlich egal und dem Mitarbeiter lustiger Weise ebenfalls. Es ist nur dem wichtig, der es an euch weitergibt und dessen Problem ist es auch. Der eine oder andere smarte Inhaber hat verstanden, dass das keine sinnvolle Lösung ist, sein Unternehmen zu steuern, sondern man muss vorher erst einmal verstehen, was der Kunde braucht und muss da nachsteuern. 


Eine Sache möchte ich noch geraderücken. Es ist nicht so, dass du mit den OKRS auf jeden Fall deine KPIs erreichst. Wenn du sie aber mit den OKRs nicht erreichst, erreichst du sie anders schon gar nicht. Das ist die Wahrheit und so muss man die Sache sehen. Es gibt keine Sicherheit, dass diese Zahlen kommen. Das ist surreal. Das ist so, wie wenn du zur Bank gehen würdest, Geld anlegen willst, aber nie etwas verlieren sondern nur gewinnen willst. Entweder wirst du über den Tisch gezogen, oder du findest einen Bänker, der seinen Job versteht und sagt, dass das unrealistisch ist und es anders betrachtet werden muss. Man muss anfangen, das auf diese Weise zu betrachten. 


Demzufolge ist der Punkt, an dem ihr seid, richtig, aber es ist umso wichtiger, dass man den Teil Vision, Mission und Strategie inhaltlich glattzieht, weil nur so wirst du inhaltliche Fragen beantworten können und nur so kannst du über die Zeit herausfinden, was dein Geschäft ist, wie dein Business funktioniert und was der Mehrwert ist, den du liefern kannst. Wenn du das alles hast, kannst du quartalsweise iterieren und auf den Iterationen Verbesserungen hervorrufen und so hoffentlich bessere Zahlen rausbekommen. 


Teilnehmer: Das hilft mir auf jeden Fall, vor allem dieses Bild, was du gerade beschrieben hast. Die Geschäftsführung ist davon überzeugt, dass OKR dabei hilft, die Software demnächst noch besser zu machen und bessere Kundenergebnisse zu erzielen. Es ist relativ schwierig, dieses Denken umzustellen und sich nicht mehr von KPIs sondern von Zielen steuern zu lassen, deswegen war das für mich ein interessanter Ansatz. 


Marco: Der spannende Punkt ist, sich von gar nichts steuern zu lassen. Das ist die Realität. Ich kann mich nicht von Zahlen steuern lassen, die sich einer von oben ausgedacht hat, denn sie sind surreal. Nur weil ich im letzten Jahr drei Prozent mehr Umsatz gemacht habe, gibt es noch lange keinen kausalen Zusammenhang, dass das in diesem Jahr sechs Prozent werden können. Deswegen lasse ich mich nicht von den Zahlen steuern. Sondern es geht darum, gute Ideen, die anderen Leuten einen Mehrwert bieten, umzusetzen. Wenn ich die umsetzen kann, kann ich hoffen, dass sich daraus bessere Zahlen ergeben. Ich glaube, dass das der schwierige Dreh- und Angelpunkt ist. Man muss sich damit auseinanderzusetzen, wo das Geld anderer Leute herkommt, und nicht einfach nur etwas unbedingt haben wolen. Auf diese Art und Weise findet man Mittel und Wege, Vertrauen in die Sache zu fassen und wenn man das schafft, kann man das als Steuerungsinstrument nehmen, um das Unternehmen in seinen Entscheidungsfindungsprozessen zu optimieren und darum geht es letzten Endes. 


Teilnehmer: Vielen Dank. 


Marco: Sehr gerne. Das meine Lieblingsfrage gleich zuerst. Das ist immer gut. Max als Stammgast ist als nächstes. Herzlich willkommen. Ich bin auf deine Frage gespannt. 


#00:08:40# Teilnehmer: Danke für die Möglichkeit. Meine Frage bezieht sich auf die Tatsache, dass ein Zyklus drei Monate dauern sollte. Wir befinden uns momentan im dritten Monat. Wir sind ein klassisches, 80 Jahre altes KMU und wir müssen den ganzen Prozess erst lernen. Was denkst du darüber, den Zyklus auf sechs Monate oder vier Monate auszudehnen? 


Ich möchte kurz erklären, warum mich das umtreibt. Wir wollen das im Moment nicht ändern, weil nur weil man sich alle sechs Monate mit einem Thema beschäftigt, heißt es noch lange nicht, dass man mit der Methode richtig umzugehen lernt. Wir haben zum Teil viel Tagesgeschäft, wo ich mir nicht sicher bin, ob der Nutzen auf die drei Monate gerechnet so groß wäre. Auf der anderen Seite haben wir Abteilungen, wo die Projekte sogar für drei Monate zu groß werden. Ich weiß, dass man es in so einem Fall eher verkleinern sollte, aber gibt es in euren Beratungsprojekten Firmen, wo ihr gezielt sagt, dass man in einem bestimmten Setting auf eine andere Zyklusdauer gehen? Was wären in so einem Fall die Hintergründe dafür? 


Marco: Die Frage ist durchaus berechtigt. Wir haben zwar schon eine andere Zyklusdauer gesehen, haben sie aber nicht zwingend befürwortet. Das war nicht zwingend unsere Empfehlung. Einen anderen Zyklusschnitt haben wir dagegen schon befürwortet. Ein Beispiel wäre ein E-Commerce-Unternehmen, bei dem beispielsweise das Weihnachtsgeschäft den Peak im Umsatzjahr ausmacht. Dann würde der Zyklus ungünstig liegen, weil es eine Woche vor Toresschluss richtig abgeht und man möglicherweise mit den Nachweihnachtsbestellungen et cetera aktiv werden muss. In diesem Fall würde es helfen, Weihnachten in die Mitte des Quartals zu nehmen und das zu verschieben. Das Vorgehen hat sich bei E-Commerce als sehr praktisch erwiesen. 


Ich erläutere vielleicht einmal kurz, was die drei Monate bewirken sollen. Es soll ein gutes Verhältnis sein zwischen dem Aufwand, den du in die Definition der Ziele investieren musst, und dem, was du daraus lernen kannst und der Treffergenauigkeit. Je länger die Periode andauert, für die du planst, desto höher natürlich die Ungenauigkeit in der Planung. Demzufolge läuft der Fehler länger und hat größere Auswirkungen. Sprich, du lernst später und kannst später nachsteuern. Es ist also eigentlich ein Risk-Mitigation-Tool. Wenn du sagst, dass du in der Periode nicht lernen kannst, würde ich es zwei- bis dreimal hinterfragen, um zu gucken, ob man nicht doch irgendwo eine Sicherheitslinie einbauen kann, um doch etwas zu lernen. Wenn du es sechs Monate laufen lässt, wirst du nämlich auch erst nach sechs Monaten feststellen, dass dein Ziel möglicherweise fehlinvestiert war. Die drei Monate haben sich demzufolge als gutes Verhältnis zwischen dem Aufwand für die Planung, den Learnings und dem Risiko herausgestellt. 


Teilnehmer: Der Aufwand ist bei uns definitiv höher, weil wir es noch nicht können. Wir haben viel mehr interne Diskussionen, müssen Planungstermine machen, Mitarbeiter schulen. Ich finde das alles verständlich. Im Moment kümmern wir uns hauptsächlich um die Tagesgeschäft-OKR-Sets und da weiß man nicht, was dabei herumkommt. Meinem Vorredner Philipp kann ich zum Lernen nur das Feedback, dass es schlau ist, das schnell zu machen, weil man relativ früh erkennt, dass es KPIs und keine Key Results sind. Das war unser Learning aus dem aktuellen Quartal. Aber ich habe verstanden, dass ihr es in der Regel nicht empfehlt, weil ihr sagt, dass das Risiko zu hoch ist, vier Monate lang sinnlose Aufgaben zu verfolgen. Das heißt, wir müssen unseren Aufwand reduziert. 


Marco: Ich möchte dazu noch einen Satz loswerden. Bei Einführungen machen wir die Quartale teilweise kürzer, damit die Lerneffekte wahrnehmbarer sind. Es ist nicht nur so, dass das Risiko länger läuft, sondern du wirst dich eher daran erinnern, was du vor drei anstatt vor vier Quartalen gemacht hast. Die Qualität des Lernens ist eine andere. 


Teilnehmer: Danke. 


Marco: Gerne. Dennis, du hattest dich gemeldet. 


#00:14:02# Teilnehmer: Ich wollte nur berichten, dass wir aus dem Framework etwas ausgebrochen sind und unsere Zyklen auf vier Monate gestellt haben. Wir sind allerdings erst im ersten, insofern bin ich gespannt, was wir lernen werden. Wir haben es deswegen gemacht, weil wir gesagt haben, dass es eigentlich keine zwölf Monate sind, sondern durch Urlaubszeit im Sommer und Weihnachtszeit hat das Jahr eigentlich nur drei Quartale. 


Marco: Wenn man gleich einplant, dass aus drei Monaten nichts rauskommt, passt es zumindest von der Erwartungshaltung. 


Teilnehmer: Bei uns ist es so, wenn du das vierte Quartal startest und ab dem 10. Dezember alle im Urlaub sind, hast du nur noch acht Wochen. Wir haben uns gefragt, ob sich der Planungsaufwand dafür lohnt, oder ob wir nicht besser fahren, in Vier-Monats-Scheiben zu planen. 


Marco: Da ist mit Sicherheit etwas dran, aber das Weihnachtsthema kann man auch gut lösen, wenn man es anders framed. Ich bin gespannt, was du berichtest, wenn ihr durchgefahren seid. 


Teilnehmer: Ich auch. Das startet ja auch erst. 


Marco: Danke für den Impuls. Philipp. 


#00:15:33# Teilnehmer: Ich darf schon wieder. Danke schön. Meine nächste Frage geht um die Formulierung der Key Results. Ich habe viel recherchiert und ein Punkt, an dem wir auf Teamebene aktuell sehr stark arbeiten, ist, vernünftige Key Results zu den Objectives zu formulieren. Viele Beispiele drücken aus, dass etwas getan wurde und damit wurde etwas erfüllt. Wir haben zum Beispiel drei Videos produziert und fünf Landing Pages gemacht und wenn wir beides erfüllt haben, haben wir unser Objective erfüllt. In vielen Checklistenvorlagen steht aber, dass das Key Result einen Erfolg messen soll. Uns stellt sich die Frage, ob wir uns darauf konzentrieren, beispielsweise fünf Videos zu produzieren, oder geht es darum, wie viele Leute die Videos gesehen haben oder wie die Zustimmungsrate zu den Videos ist? 


Marco: Mit was würdest du dich wohler fühlen? 


Teilnehmer: Für das tatsächliche Messen, ob ich etwas gut gemacht habe, macht es mehr Sinn, einen Erfolg dabei zu sehen. Was ist der Erfolgsfaktor? 


Marco: Es heißt Key Result und es ist keine Kernbemühung. Das Grundkonzept gibt die Lösung hier schon vor. Es geht nicht darum, dass sich jemand um etwas bemüht hat und fünf Videos produziert. Wir können nicht sicherstellen, dass alle Beispiele, die du googeln kannst, sinnvoll sind. Den Kampf haben wir aufgegeben. Wir glauben, dass du viel googeln kannst, was Unsinn ist. Du musst dich selber fragen, welchen Nutzen du dir davon versprichst. Wenn wir bei einem Key Result sind, ist die Bemühung offensichtlich nicht das, was du eigentlich erreichen wolltest. Sind die Beispiele, die ihr euch vorgenommen habt, hilfreich? 


Wir glauben, dass es keine Bemühung ist und es heißt auch nicht, nur weil du die Bemühungen erledigt hast, dass das Objective dadurch Wirklichkeit wird. Das ist unsere Framework-Interpretation, die man mögen oder nicht mögen kann. Wenn man die nicht mag, wird unsere Antwort für dich auch nicht die richtige sein. Uns geht es darum, herauszufinden, was das Objective gebracht hat, daraus kannst du nämlich etwas lernen. Willst du einfach festzustellen, dass du drei Videos produziert hast? Das würde dir wenig Mehrwert bieten, um die darauffolgende Entscheidung anders zu treffen. Es geht nicht um die Bemühung sondern um den Effekt. Wenn du herausfinden willst, ob Video der richtige Kanal ist, um deine Message zu transportieren, kann man etwas lernen. Man kann lernen, dass es etwas gebracht hat oder nicht, oder ob das Video möglicherweise noch nicht optimal war. Wenn du dich nur auf die Anzahl der Videos fokussierst, hättest du auch zehn machen können, oder vielleicht hätte eines gereicht. Es wäre sogar smarter, mit nur einem Video deine Message zu transportieren, weil du die anderen zwei nicht ebenfalls noch auf den Produktionsaufwand schreiben müsstest. 


Teilnehmer: Das ist super, weil das eine klare Aussage ist. Wir waren uns in der Gruppe tatsächlich unsicher, aber um das Formulieren der OKRs besser zu erlernen, haben wir diesen Zwischenschritt eingebaut, zuerst auf die Aktionen zu gehen, um sicherzustellen, dass die Aktionen vernünftig formuliert sind. Der Plan für Q3 ist, im nächsten Schritt einen Erfolg aus diesen Aktionen draufzusetzen. 


Marco: Das Problem ist, dass du es damit nicht erlernst, vor allem die anderen nicht. Wenn dir klar ist, dass nach dem Formulieren von Aufwand irgendwann das Formulieren von Ertrag kommt, hast du es den anderen so nicht beigebracht und die bleiben auf der ersten Stufe stehen, weil es bis zu dem Zeitpunkt so in Ordnung war. Tatsache ist, dass es aber noch nie gut war, weil es noch nie richtig war. Deswegen lernt man es lieber nicht so, oder bringt es den Leuten nicht auf diese Art und Weise bei, weil sie aus der Ecke sonst nicht mehr rauskommen. Es gehört da einfach nicht hin. Mir geht es darum, dass sich niemand dafür loben sollte, Aufwand zu produzieren, sondern wir wollen herausfinden, welcher Aufwand zu welchen Effekten führt und ob diese Ergebnisse damit zur Erfüllung unseres Ziels führen. Das ist eine Ursache-Wirkung-Beziehung und bei Steuern in Unsicherheit ist die unklar. 


Wir wollen Klarheit darüber, ob die Ursache zur gewünschten Wirkung führt. Es geht nicht darum, ob man fleißig war oder nicht. Wir vergeben keine fünf Sterne im Schulheft, weil du deine Hausaufgaben gemacht hast. Das ist uninteressant. Das ist aber genau das, wofür alle gelobt werden wollen, dass man sich für irgendetwas stark angestrengt hat, auch wenn es nichts gebracht hat. Sollte man dafür trotzdem einen Stempel im Aufgabenheft kriegen? Das musst du aus dem System rausnehmen, damit es sich nicht immer tiefer verfährt. 


Teilnehmer: Das wollen wir auf jeden Fall tun, aber es hat geholfen, das über diesen Weg zu machen. Das Verständnis, wie das Thema funktioniert, ist dadurch deutlich schneller und besser gewachsen. Es ist uns und allen anderen, die gerade damit arbeiten, aber auch klar, dass da ein Erfolg gemessen wird, um zu sehen, ob das Objective erreicht wurde oder nicht und damit haben wir einen Erfolg irgendwo bekommen. 


Marco: Wenn du es groß ausrollst, habe ich diese Vorgehensweise noch nie wirklich gut funktionieren sehen. Man kann es natürlich auf diese Weise lernen, aber das wäre nicht der Weg, den wir vorschlagen würden, weil so kann das System verbrennen, es kann zu aufwendig sein, oder du kannst Leute auf dem Weg dorthin verlieren, weil sie es dann nicht mehr verstehen, oder es ihnen plötzlich egal ist. Und das wäre für das System schade. 


Teilnehmer: Danke. 


Marco: Gerne. Sven. 


#00:22:20# Teilnehmer: Ich habe eine Frage zu den Stretch Goals. Ich selbst finde es total cool. Ich mache das für mich persönlich sehr gerne, dass ich Ziele lieber ein bisschen höher ansetze, um eine Challenge zu verspüren, aber bei meinen Mitarbeitern bewirkt das häufig genau das Gegenteil, dass die dieses Ziel, diesen Berg vor sich sehen und das Gefühl haben, dass das nie zu erreichen ist, anstatt diese 70 Prozent beispielsweise als Herausforderung anzunehmen und sich über jedes Prozent mehr zu freuen, das man erreicht hat. Deswegen stelle ich mir die Frage, ob ich es vielleicht einfach bleiben lassen und die Mitarbeiter ihre 100-Prozent-Ziele machen lassen. Ich bin mir total unsicher, weil ich nie das Gefühl bekomme, dass sie das für sich ebenfalls als Herausforderung annehmen. 


Marco: Ich mache es noch eines schlimmer: Es ist am Ende egal. Das meine ich ernst. Der Zen-Buddhismus sagt, wenn du das Ziel kennst, zählt nur noch der Weg. Wir haben eine Formel: Dein Erfolg ist, die Entscheidung zu treffen, die richtigen Dinge zu tun, die konsequent zu verfolgen, plus Glück, minus Pech. Am Ende ist es egal, denn du kannst dich nicht loben, wenn du zufällig Glück hast. Es gibt Kollegen, die gerade von Corona profitieren, die vorher E-Commerce nicht einmal gerade schreiben haben können und jetzt, wo die Filialen zu haben, sind sie plötzlich Helden. Was natürlich kein Wunder ist, wenn die anderen aufhören zu existieren. Darf man sich dafür loben? Wahrscheinlich eher nicht. Sollte ich andersherum betrachtet ein schlechtes Gefühl haben, wenn die Lage sich da draußen einfach ungünstig entwickelt? Wahrscheinlich ebenfalls nicht. 


Du solltest deine Zufriedenheit nicht aus 70, 100 oder sonst irgendeiner Prozentzahl der Zielerreichung ziehen, sondern nur aus zwei Dingen. Erstens musst du dir die Frage stellen, ob du die Entscheidung genau so noch mal treffen würdest und du etwas gelernt hast. Zweitens musst du dir die Frage stellen, ob du dich bemüht hast, oder im Schwimmbad warst. Würde ich die Entscheidung unter den damals herrschenden Bedingungen, Informationslage und so weiter heute noch einmal so treffen? Ja. Habe ich mich bemüht und war nicht im Schwimmbad? Ja. Es kommt raus, was rauskommt. Anders kommst du bei Steuern in Unsicherheit nirgendswo an, weil das intellektuell gar nicht möglich ist. Du weißt nicht, ob das, was du dir vorgenommen hast, zu einem Ergebnis führt. Wenn du es wüsstest, wäre es nicht mehr ein Steuern in Unsicherheit. 


Demzufolge ist die komplette Diskussion dahingehend hinfällig, ob es 70 oder 100 Prozent sind, solange sich deine Kollege an irgendeiner Zahl und deren Zielerreichung festlegen. Das bestimmt letzten Endes ihre Zufriedenheit. Im Moment hast du ein verkehrtes Grund-Mindset. Stretch Goals zielen darauf ab, zu provozieren, dass der Weg, den du kennst, nicht mehr funktioniert. Das Wichtigste ist – und hier liegt ein großes Risiko – dass du es nicht aus mehr Anstrengung holst. Du oder deine Kollegen, dein Team sollten nicht versuchen, dieses Stretchen aus mehr Anstrengung zu holen, sondern um einen anderen Hebel zu finden. Ich habe mit der gleichen Anstrengung etwas gefunden, was besser wirkt. 


Dieser Moon-shot provoziert dich nicht, dich iterativ immer mehr anzustrengen, sondern gleich eine unrealistische Forderung auf den Tisch zu legen, dass dir klar wird, dass es so, wie du es schon immer gemacht hast, nicht mehr funktionieren wird und du etwas anderes ausprobieren musst. Am Ende musst du feststellen, was rauskommt, kommt raus. Wenn ich es anders gewusst hätte, hätte ich es anders gemacht. Das wusste ich aber nicht. Du kannst nur da rauskommen, wo du rauskommst, sonst wärst du woanders rausgekommen. Das klingt schwer philosophisch, ist aber leider wahr. Wenn du dir Mühe gegeben hast und darüber nachdenkst, gibt dir die Realität nun recht. Die normative Kraft ist faktisch und da, wo du stehst, bist du angekommen. Es ist nur die Frage, wie du da hingekommen bist und das ist infrage zu stellen. 


Teilnehmer: Wenn solche Ziele formuliert werden, ist manchmal die Frage, wie man das challengen kann, um ein bisschen Ehrgeiz und Interesse hervorzurufen, neue Ideen zu entwickeln, wie man seine Ziele auch anders angehen kann. Weil du genau weißt, wenn ich es klassisch mache, kann ich von A nach B kommen, aber eigentlich will ich nach C. 


Marco: Deswegen nimmt man sich C vor, sucht einen Weg, den man noch nicht kannte, und wenn man sich bemüht hat und darüber nachgedacht hat, ist man damit zufrieden, wo man angekommen ist. 


Teilnehmer: Das sehe ich genauso. Aber sich das vorzunehmen ist das Problem. 


Marco: Du musst diese Zufriedenheitsfrage klären. Und das geht so ein bisschen in den Dialog, den wir gerade mit Philipp hatten. Es geht darum, dass du am Ende sagen kannst, ich habe fünf Videos produziert. Ich will nicht sieben produzieren und ich will schon gar nicht riskieren, dass ich meine produzierten Videos veröffentliche und keiner will sie sehen. Genau damit muss man sich beim Steuern in Unsicherheit anfangen wohlzufühlen, weil man den Weg nicht kennt. Das Mindset muss sein, etwas zu probieren, was man noch nicht kann. Wenn ich wüsste, wie es ginge, hätte es schon jemand gemacht und dann wäre es nicht mehr so weit vorne. Dann kannst du gut mit KPIs steuern. Dann kann ich sagen, wie es geht, wie lange die anderen brauchen, dass es schneller passieren muss. Wenn ich dir nicht sagen kann, wie es geht, weil wir es beide nicht wissen, müssen wir es ausprobieren. Und das geht nicht, wenn du nicht bereit bist, unterwegs zu scheitern und trotzdem eine Zufriedenheit im Team herrscht, weil sie wissen, dass sie es zumindest probiert und sich Mühe gegeben hatten und das Ganze sinnvoll war. 


Teilnehmer: Danke schön. 


Marco: Gerne. Dennis. 


#00:29:53# Teilnehmer: Ich würde gerne mit euch darüber sprechen, wie man die Os idealerweise formuliert. Wir haben im ersten Zyklus, in dem wir uns gerade befinden, die Os so formuliert, dass die nicht nach in unserem Fall vier Monaten abgeschlossen sein werden. Wir fragen uns, ob das gut oder schlecht ist. 


Marco: Ich würde das fast als Suggestivfrage bezeichnen. Was ist eure Wahrnehmung dazu, ist es gut oder schlecht? 


Teilnehmer: Es ist nicht schlecht. Wir haben das Gefühl, wir bewegen uns damit in die richtige Richtung, haben aber so ein bisschen Sorge, dass wir nach dem Zyklus enttäuscht sind, dass wir noch nicht am Ziel angekommen sind. 


Marco: Grundsätzlich ist es schon mal hilfreich, sich in die richtige Richtung zu bewegen. Die Frage ist, ob es das ist, was du formulieren solltest. Du willst dich danach wahrscheinlich weiter in diese Richtung bewegen und das wäre eher so dieser KPI-Evergreen-Strang. Das nennt sich Strategien und wird mit KPIs untermauert. Das ist aber kein Ziel, weil du daraus nichts lernen kannst. Du kannst irgendwann lernen, dass du die falsche Strategie verfolgst. Wenn du dazu ein paar Quartale brauchst, wird es noch schwieriger, weil das Ganze noch teurer wird. Demzufolge musst du in kurzen Zeitabständen von drei oder bei dir eben vier Monaten herausfinden, was du bewirken musst, damit deine Strategie einen Impact auf deine Mission hat. Wie sollt ihr Rückschlüsse ziehen, ob ihr die richtigen Dinge gemacht habt, wenn ihr immer nur auf der Strategie einen Schritt weiterkommt? Es ist eine Investitionsentscheidung und am Ende will ich wissen, ob ich auf die richtigen Pferde gesetzt habe. Wenn die Pferde aber gar keine Pferde sind und keinen Namen haben, ist mein Geld weg. Ich kriege vielleicht etwas wieder, aber wie soll ich das Spiel optimieren? 


Teilnehmer: Die klare Empfehlung wäre, am Ende unserer vier Monate müssten wir sagen, O1 ist erledigt oder halt nicht. Im Idealfall können wir es abhaken und sagen, so wie wir es formuliert haben, haben wir es erreicht. 


Marco: Inhaltlich wäre es auch nicht schlimm, wenn es nicht erreicht wurde, solange ihr wisst, warum das der Fall ist. Zumindest habt ihr dann etwas gelernt und wisst, was ihr im darauffolgenden Quartal anders machen könnt. Wenn du sagst, ihr seid in diese Richtung vorangekommen, aber du kannst nicht genau sagen, wie weit, bräuchte man neue KPIs. Das ist komplett uninteressant und in Unsicherheiten nicht besonders hilfreich. Was ist die Ableitung daraus? Meistens das Gleiche noch mal, aber ein bisschen weiter vorne. In dem Fall wäre das Ursache-Wirk-Prinzip nicht gegeben und demzufolge halten wir das für nicht besonders hilfreich. 


Teilnehmer: Alles klar. Habe ich mir schon gedacht. Ich wollte es mir hier aber noch mal abholen. Danke dir. 


Marco: Sehr gerne. Ich danke dir. Angelika. 


Teilnehmer: Eigentlich hat es sich durch deine Antworten erledigt oder durch den Dialog. Vielen Dank. 


Marco: Formuliere deine Frage noch einmal. Ich habe sie mit einem Auge gelesen und glaube, dass da noch etwas anderes drinsteckt. 


#00:33:44# Teilnehmer: Ich habe es mit einer Kollegin eingeführt, die spezialisiert darauf ist und sie sagt, sie weiß, wenn die Ziele richtig formuliert sind.


Marco: Ich kann dir Ziele formulieren, die alle im Raum klasse finden. Das garantiere ich dir. Du hast geschrieben: „Woher weiß ich, dass ich das richtige OKR gewählt habe?“ Ich kann dir das formulieren, das kaufst du sofort. Keine Frage. Die Frage ist, ob es das richtige Ziel ist, nur weil sich alle gut dabei fühlen. Da würde ich ein großes Fragezeichen dahinter machen. Das Formulieren ist nämlich nur ein Teil der Wahrheit. Der triviale Part ist, ob es zu den OKR-Regeln passt. Das Ziel, was ich wirklich verfolgen sollte, ist der nichttriviale Part und das kriegst du meistens raus, wenn die Stimmung im Raum schlecht ist. In dem Fall haben nämlich alle das Gefühl, dass es ans Eingemachte geht. Es muss etwas geändert werden, was sie als anstrengend empfinden. Wenn man als externe Person im Raum ist und alle sofort mit allem einverstanden sind, ist eher Vorsicht als Zuversicht geboten. Es sei denn, du bist bei Google. Da war ich noch nie dabei, aber die werden es vielleicht so hinkriegen. Wenn die Stimmung zu gut ist, habe ich eher das Gefühl, dass da wahrscheinlich noch etwas zu holen ist. 


Es ist eine Sache, ob es ein richtig formuliertes Objective ist, aber die andere Frage ist, ob du mit deinem Unternehmen dieses Ziel im nächsten Quartal verfolgen sollst, weil es die beste Wahrscheinlichkeit im Sinne deiner Strategie hat. Aus dem Pool aller möglichen Objectives die herauszuarbeiten, die du als nächstes tun solltest, hat damit etwas zu tun, welche Strategien du verfolgst. Wenn du keine Strategien verfolgst oder sie nicht klar sind, kannst du das darauf nicht abstellen. Du verfolgst ein gut formuliertes Objective. Ich kann dir die Frage, ob du das verfolgen solltest, nicht beantworten, wenn du keinen Rahmen schaffst. Der Teil ist der wichtigere, also nicht, wie du es formulierst, sondern kannst du dir sicher sein, dass das dein Unternehmen im Vergleich zu allen anderen Ideen, die du noch hast, am weitesten bring. Es ist einfach, die blöden Ideen auszusortieren, aber zwischen fünf guten Ideen zu entscheiden, ist schwierig und da muss man wahrscheinlich noch mal eins tiefer reinbohren. Ich würde zumindest sagen, dass es sich meistens lohnt. 


Teilnehmer: Danke für die Schärfung. 


Marco: Gerne. Altay. 


#00:37:13# Teilnehmer: Ich habe eine Frage bezüglich der Einführung von OKRs. Nehmen wir an, wir haben eine Firma, die vom Mindset des Managements klassisch unterwegs ist. Welche Erfahrungen hast du gemacht, wie man dort OKRs etablieren kann? Wäre das ein All-In-Approach? Muss man das Top-down machen, oder kann man es vielleicht irgendwie Bottom-up machen? Wie sind deine Erfahrungen, wenn man das gerne dort etablieren möchte? 


Marco: Zielt deine Frage so ein bisschen dahin, ob man einen sogenannten Leuchtturm baut oder solche Sachen? 


Teilnehmer: Genau. Ein Pilotprojekt. Macht man Pilotprojekte, oder sagst du, das muss Top-down kommen? 


Marco: Das hängt davon ab, wie das Unternehmen aufgestellt ist und wie viel Überzeugungsarbeit man leisten muss. Wie lange soll, kann oder muss der Prozess dauern? Wenn du fragst, was der schnellste Weg ist, würden wir immer sagen, dass es das Topmanagement verstehen und wollen muss. Es muss bereit sein, das anzugehen und zu leben und wenn es nur die ersten beiden Führungsebenen sind, und dann kann man es in die Organisation diffundieren. Das heißt nicht, dass darunter Leute nicht schon viel früher verstanden haben, wie es geht und wie hilfreich das wäre. Das heißt nur, dass wir dann anfangen den Content nach unten auszurollen und die Leute in die Prozesse zu involvieren.
Das bedingt aber, dass eine gewisse Anzahl an Leuten, die kritische Masse im Topmanagement daran interessiert ist und davon begeistert ist und agil führen und etwas anders machen will. Wenn es nur vereinzelt die Leute wollen, hilft es, Erfolge zu produzieren und die zu zeigen. Mit der Einschränkung, dass du den vollen Umfang nur begrenzt simulieren kannst. Wenn du crossfunktionale Abhängigkeiten lösen willst, wird das nicht funktionieren, weil die anderen nicht mitmachen. Würdest du das nur im oberen kleinen Kreis testen, hättest du den Effekt auf jeden Fall mit eingesammelt, weil diese cross-functional Alignments auf der obersten Ebene ausgehandelt werden würden und es stattfinden kann, das in die richtigen Projekte und Ziele herunter zu diffundieren. Wenn du das nur bei einer Abteilung machen würdest, fehlen die Schnittstellen nach außen und der Rest der Welt macht weiter wie zuvor und du würdest die Effekte nur begrenzt sehen. Du kannst den Gesamterfolg nicht simulieren, sondern nur Teileffekte simulieren. Bis zu einem gewissen Punkt hat das gut funktioniert und dann kann man das entsprechend ausrollen. Der Ansatz ist natürlich deutlich aufwendiger. 


Die dritte Alternative wäre, dass niemand im Topmanagement dazu Lust hat, aber eine ganze Menge anderer Leute stellen fest, dass das irgendwie Sinn macht und das andere nicht mehr so viel Sinn macht. Das würde dazu führen, dass wir von verschiedenen Konzernen ungefähr 25 Counts haben, weil jeder denkt, dass es irgendwie anders gelöst werden muss und dass OKRs dabei helfen können, das Topmanagement aber nicht überzeugt werden kann. Deswegen kochen die unteren Ebenen ihr eigenes Süppchen und im Nachhinein muss man versuchen, ein stimmiges Gesamtbild zu erhalten, auch, um den entsprechenden Führungskräften das Gefühl zu geben, dass sie das Ganze mitentwickelt haben. Das ist eine der Herausforderung.


Am einfachsten ist es, alle davon zu überzeugen und es Schritt für Schritt sauber einzuführen. Man könnte es auch umgekehrt entwickeln, was aber deutlich anstrengender ist und du möglicherweise Leute verprellst und unnötigen Aufwand kreierst. Meika, ich hatte schon gehofft, dass du Erfahrungen mit uns teilen willst. 


Teilnehmer 2: Ich bin in dieser Grassroots-Bewegung unterwegs, in der du gerade nachgebohrt hast, ob das so sinnvoll ist. Mit Marco habe ich auch schon öfter darüber gesprochen, ob es sinnvoll ist, eine „Wir sind das Volk“-Mentalität zu haben, oder ob es jemand braucht, der das von oben will und steuert. Ersteres ist anstrengender. Meine Erfahrung ist, dass es anstrengender ist, das Ganze von unten aufzuziehen und in den oberen Ebenen gehen nur Teile mit. Ich habe das, was Marco sagt, erfahren und es ist sinnvoll, das Okay von oben zu bekommen. Wir haben Teilbereiche, die dem von oben zustimmen. Unsere Company ist ein bisschen größer und es kommen noch andere Aspekte mit dazu. Es ist definitiv schwieriger und wir spüren die Abhängigkeiten, die Marco gerade beschreibt. Wenn du selber OKRs machst und andere Bereiche nicht, hast du immer Schwierigkeiten, ein Commitment zu finden, die Ressourcen abzufragen, Budget und so weiter. Das ist anstrengend und das Verbrennen ist in Teilen schon sichtbar. Ich kann das nur bestätigen. 


Marco: Vielen Dank. Beantwortet das deine Frage? 


Teilnehmer: Vielen Dank. Ich glaube, der erste Job für mich und meine Kollegen wäre, einen Paten im Management zu finden. Für unseren Fall wäre das das Einfachste. 


Marco: Auf diese Art und Weise werdet ihr es am wahrscheinlichsten umsetzen. Ich komme noch einmal auf den Punkt, den Philipp zu Anfang gebracht hat. Wenn das Pferd falsch im Stall steht, hast du natürlich das Problem, dass deine Ideen in der obersten Führungsebene nicht verstanden werden und man sich wieder nur auf die Leads und den Umsatz konzentriert. Die Diskussion ist hinfällig, wenn man sie nicht auflösen kann, weil derjenige, mit dem man sie führt, sie nicht auflösen will. In dem Fall wird das Thema Agilität missinterpretiert, indem gesagt wird, dass es den Mitarbeitern freigestellt wird, wie der Umsatz generiert wird. 


Andersrum würde man sagen, früher hat man mein Problem zu deinem gemacht. Das ist aber nicht Agilität, sondern etwas anderes. Demzufolge prallt das an der Stelle relativ schnell aufeinander und das kannst du dir ersparen, wenn du die richtigen Leute im Boot hast. Wenn man das schneller antizipiert, macht es für alle mehr Spaß und die Idee ist ja, Stress und Überforderung zu reduzieren und nicht noch mehr Druck in ein System zu bringen, was sowieso schon unter Druck steht. 


Teilnehmer: Wahre Worte. Ja. 


Marco: Ich hoffe es. Angelika. 


#00:45:13# Teilnehmer: Wie geht man mit konkurrierenden OKRs um, die sich in unterschiedlichen Geschäftsbereichen befinden? Meine Antwort wäre, dass in so einem Fall die Strategie beziehungsweise die Vision nicht gut genug definiert wurden. 


Marco: Nicht zwingend. Definiere mir bitte noch einmal, um was sie konkurrieren. Geht es hier um Ressourcen oder etwas anderes? 


Teilnehmer: Sie konkurrieren vor allem um Ressourcen. 


Marco: Geht es darum, dass die einzelnen Teams um bestimmte Ressourcen konkurrieren? 


Teilnehmer: Ja. 


Marco: Das ist der klassische IT-Fall. Alle wollen etwas von der IT und die IT hat zu wenig Kapazität. OKRs sind dazu da, um zu priorisieren. Zu allererst muss festgestellt werden, was man mit seinen eigenen Ressourcen erreichen kann und was von anderen Teams zusätzlich benötigt wird. Wenn das gewährleistet ist, legt man fest, welchen Mehrwert man mit diesen Ressourcen erzielen kann. Das Gleiche passiert bei den anderen Teams, bis die IT wahrscheinlich irgendwann einschreitet, weil sie feststellen, dass sie nicht alle Anforderungen gleichermaßen erfüllen können. Die Aufgabe von IT ist es dann, hier zu priorisieren, wer den meisten Mehrwert mit den wenigsten Ressourcen generieren kann. Wenn das von der IT festgelegt wurde, wird es für alle relativ klar und transparent, was drankommt und was nicht und warum es bearbeitet wird. 


Wir machen das gesamte Priorisierungsspiel mit dem obersten Management in einem Workshop zusammen, damit jeder dabei war und eine rege Diskussion zustande kommen kann und die Ziele gegeneinander abgewogen werden können. Das kann man miteinander diskutieren und wenn die Argumente ausgetauscht sind, entscheidet das gesamte Gremium Führungskreis darüber, wie diese Ressourcen investiert werden. Und die werden so investiert, wie es für das Gesamtunternehmen am sinnvollsten ist. Auf diese Art und Weise vermeidest du den von dir beschriebenen Konflikt, weil es eindeutig dargestellt wird, was welches Team leisten kann und wie hier ein Deal zustande kommen könnte. 


Teilnehmer: Das setzt aber voraus, dass das gesamte Unternehmen und nicht nur Teilbereiche danach arbeiten. 


Marco: Zumindest alle, die etwas von einer Stelle haben wollen, müssten sich an den vorher festgelegten Prozess halten, damit man das transparent und handelbar macht. Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass deine Ziele so beschrieben sind, dass dir von der zuständigen Abteilung gesagt werden kann, was sie für die Zielerreichung benötigen. Wenn du dir beispielsweise einfach nur ein Auto wünschst, ist das möglicherweise nicht detailliert genug spezifiziert, sodass in so einem Fall kein Deal festgelegt werden würde. In dem Beispiel wäre nämlich noch kein Preis festgelegt. Demzufolge müsstest du es so spezifizieren, dass du am Ende einen Preis hast und erst dann kann ein Deal erarbeiten werden. Ist die Frage damit beantwortet? 


Teilnehmer: Ja. Danke. Meine zweite Frage wäre: Wie sorgt ihr für Nachhaltigkeit im Führungsalltag? 


Marco: Es gibt eine Meeting-Struktur, die auf OKRs basiert. Damit ist das Day-to-Day, mit wem ich über was wann rede, so verankert, dass man gar nicht mehr auskommt. Wolfgang, du nickst. Du kannst gleich einsteigen. 


#00:50:08# Teilnehmer: Ich habe zwei Fragen. Die erste Frage bezieht sich auf das Thema, was von Philipp angesprochen wurde. Es geht um Key Results, Milestones und Mindset. Da hängen wir ein Stück noch drin. In letzter Zeit haben wir oft Objectives und dann erst geben wir die Milestones dazu und wenn es geht, versuchen wir dann noch ein Key Result zu formulieren. Das schaffen wir aber auch nicht immer. Das ist natürlich auch immer eine Zeitfrage, ob man in den drei Monaten schon dazu kommt, die Performance und Results zu messen. Das ist für uns immer wieder eine Challenge. 


Der Gedanke dahinter ist, dass wir uns möglicherweise einfach einreden, dass wir sie meistens brauchen. Wenn wir beispielsweise irgendein Event oder ein Launch haben und ich nur Performance messe, die mit diesem Launch zusammenhängt und der Launch zu spät oder erst nach vier Monaten ist, fällt das O ins Wasser. Den Trick, den wir hier anwenden, ist, dass wir die Milestones haben und die Key Results dransetzen und wenn es möglich ist, kommt die Performance noch dazu. In so einem Fall hätten wir zumindest zwei Milestones und die messbaren Key Results und das Dritte wäre noch nicht geschafft und fällt ins Wasser. 


Marco: Das ist klassisches Projektmanagement. 


Teilnehmer: Wie kommt man aus dieser Vorgehensweise raus? 


Marco: Als CEO willst du in deinem Fall drei Monate ins Meditations-Retreat gehen. Das heißt, du hast alles sauber abgestimmt und es niemanden aufgezwungen und danach kannst du dich zurückziehen und nach drei Monate sollte das, was festgelegt wurde, eingetreten sein und das Unternehmen weiter vorangebracht haben. Für die Meilensteine würde das bedeuten, dass die für deinen Product Launch alle ganz nett sind, aber wenn das Produkt nicht gelauncht wurde, hast du im Endeffekt nichts erreicht. Dann hast du eine Menge Schnittmuster im Keller und eine Menge Container auf irgendeinem Schiff, aber die Messe, auf der du etwas verkaufen wolltest, ist leider ohne dich gelaufen. Dann ist zwar die Messe rum, aber der Container ist noch da. Wäre das noch gut? 


Und so eine Vorgehensweise muss vermieden werden. Weil wir das nicht wollen, gibt es das nicht. Das würde nur dazu führen, dass man nie zu einem Ergebnis kommt. Es ist nicht erfolgreich, kurz vor der Ziellinie zu stolpern, auch nicht in deinem Kontext. Ihr müsst einfach weniger Sachen in die Luft werfen und sicherzustellen, dass der Container zu der Messe da ist. Wenn er nicht da ist, setzt du dich in einen Flieger, holst dir einen Laster und bringst den Container so über die Grenze. Aber es muss sichergestellt werden, dass das Ziel erreicht wird. Und wenn du mir sagst, dass der Container nur drei Tage zu spät kommt und drei Tage wären immer noch 97 Prozent, das wäre doch in Ordnung, muss ich dir sagen, dass das nicht in Ordnung ist. Es ist vor der Linie gestolpert. 


Es ist nicht der richtige Weg, sich damit rauszureden, dass man sich immerhin bemüht hat, das Ziel zu erreichen. Der Trick ist, dass man das Ziel wirklich erreichen will. Wenn der Rasenmäher nicht rechtzeitig fertig wird, um den Rasen zu mähen, kann ich es nicht auf das nächste Mal vertagen, sondern muss mir andere Lösungswege überlegen. Das Ergebnis muss immer erreicht werden, egal auf welche Art und Weise. Das ist Agilität. Das andere ist Konzern. Ich kann mich am Ende auch feiern, wenn ich auf meinem Schnürsenkel ausgerutscht bin, kurz, bevor es etwas gebracht hat, weil ich viel Aufwand reingesteckt habe. Das ist uninteressant. Du brauchst die Projektmanagementebene, die du über Asana, Projektaufsätze, Meilensteine erreichen kannst. Auf diese Weise stellt man schnell genug fest, wenn der festgelegte Zeitplan nicht passen sollte, um rechtzeitig gegenzusteuern zu können. Das ändert an deinem Key Result nichts sondern nur etwas an der Ebene darunter. Das sind die Dinge, die du täglich in deinem Projektmanagement vorstellst, wo du dir Zeitpläne machst, darüber kommunizierst, Tasks in Asana oder wo auch immer hast, um iterativ dich der Sache zu nähern. Es bringt nichts, das Ziel in Teilschritte zu zerlegen, die keinen Nutzen stiften. 

Die traurige Entscheidung kann dann möglicherweise sein, dass dieser Produktlaunch nichts für dieses Quartal ist, weil es nicht zu schaffen ist. Drei halbfertige Produkt-Launches bringen dir für das Quartal nämlich nichts. Hilft dir das so ein bisschen? 


Teilnehmer: Es geht wahrscheinlich stark in die Richtung, dass es um die Os geht, die die Basis sind. 


Marco: Es geht im Endeffekt nur um die Os.


Teilnehmer: Wir müssen konkreter werden und uns für diesen Zeitraum zu committen. Es ist oft so, dass es Os sind, von denen wir bereits wissen, dass es drei oder vier Monate dauern kann und es ist in Ordnung, wenn wir den Launch nicht schaffen und haben schon ein Key Result. Das ist schon dokumentiert. 


Marco: Wenn du im Review beobachtest, wie dein Team möglicherweise an die Sache geht und sie schon damit zufrieden sind, ein Key Result nur zu 17 Prozent erreicht zu haben, musst du einschreiten, einen Schritt zurückgehen und nach dem O fragen. Man muss daraus lernen und sich fragen, ob man das wirklich will. Wenn wir das wirklich wollen, wollen wir auch dafür sorgen, dass es passiert und dann sorgen wir dafür, dass die Key Results kommen. Dann kann es immer noch sein, dass die Key Results nicht zu dem O führen und dann muss man sich gegebenenfalls noch mal Gedanken machen. Aber erst mal bleibt man konsequent, um das wirklich hinzukriegen. 


Die Dynamik und die Zustimmung der Leute willst du auf dieser Ebene haben, aber nicht auf der darunterliegenden Ebene und sich damit zufriedenzustellen, dass deine To-Do-Liste abgehakt wurde, auch wenn es nur 87 von 100 waren. Auf dieser Ebene will ich keine Dynamik haben. 


Teilnehmer: Soll ich die zweite Frage gleich stellen? 


Marco: Gerne. 


#00:58:06# Teilnehmer: Die zweite Frage ist hoffentlich einfacher zu beantworten. Es geht hier nur um die Struktur. Unsere Unternehmensgröße ist bei uns gerade ein spannendes Thema. Momentan sind wir zehn Leute, also diese klassische Zwischengröße. Wir sind nicht mehr nur ein homogenes Team, sondern haben inzwischen schon zwei, teilweise sogar drei Ebenen aufgebaut, also ein Company-Set im Team-Set. Teilweise besteht ein Team aus einer Person, was für uns gut funktioniert hat. Es gibt ein Team, wo zwei Mitarbeiter drunter sind, die wirklich als Team arbeiten. 


Meine Frage bezieht sich auf das Company-Set, was als CEO letztendlich mein Set ist. Ich habe das Company-Set, um mein Wirken oder meine Ziele auszudrücken. Mein Unternehmen ist gewachsen. Ich habe ganz alleine eingefangen und es gibt immer noch Bereiche, die ich alleine mache. Finanzen wäre so ein Themenbereich, auch wenn wir das versuchen zu ändern. Das ist ein klassischer Bereich, wo es keine Mitarbeiter dafür gibt, sondern wo ich die volle Verantwortung habe. Mein Company-Set ist immer sehr dicht. Da ist schon wenig Platz drin und wenn ich da Ziele drin habe, die sonst niemanden betreffen, ist es uninteressant, diese zu besprechen. Das interessiert im Grunde niemanden. 


Marco: Ich gebe dir ein Beispiel. Das Company-Set sollte nicht deine persönlichen Aufgaben abdecken, sondern die wichtigsten Ziele des Unternehmens. Wir unterstellen mal, ihr wärt Venture-Capital-finanziert und eure Burn-Rate wäre recht hoch und der Kontostand verhältnismäßig niedrig. In dem Fall wäre es eine sinnvolle Aufgabe und ein O, dass sich jemand im Finance Department um eine Anschlussfinanzierung kümmert. Denn es sollte allen bekannt sein, dass sonst auch das Licht ausgeht und dass man sich auf bestimmte Sachen fokussieren muss, um dieses Ziel zu erreichen. 


Das Company-Set ist vom CEO verantwortet und zwar nach dem Modell „Last line of Defense“. Da steht alles drin, was für die Company am wichtigsten ist. Es ist also nicht zwingend deine persönliche To-Do-Liste ist. Es ist klar, dass das die wichtigsten Punkte sind und wenn es kein anderer macht, also wenn es keine Abteilung gibt, die sich dieser Sache annimmt, dann bist du der letzte, der sicherstellen muss, dass es am Ende des Quartals eintritt. Das Company-Set ist eher so zu verstehen, denn es definiert die Verantwortlichkeiten und nicht die Aufgaben. 


Wenn du dich um Dinge kümmerst, die sich mit der Zukunft beschäftigen, an Strategien arbeitest, die in dem Quartal noch keine Wirkung zeigen, findet das auf deiner persönlichen To-Do-Ebene in deiner CEO-Rolle statt. Der Rest repräsentiert das Gesamtergebnis, was die Company in dem Quartal erreichen will. 


Teilnehmer: Wir haben das im Grunde schon so pragmatisch gemacht. Ich hatte nur nicht immer so ein gutes Gefühl dabei, weil wir sehr streng sind, was Projekte betrifft. Wir arbeiten so extrem mit OKRs, dass wir keine separaten Projekte mehr haben. Ich habe das manchmal, dass ich Dinge einfach nicht mache, weil sie nicht im Company-Set stehen. Die sind dann irgendwo anders. Das geht soweit, dass bei mir Sachen rausfallen, weil mir die Kraft fehlt. So haben wir dann beispielsweise bei einer langwierigen Produktentwicklung, wo viel Arbeit und Energie reingesteckt werden muss, nur einen Mini-Key-Result oder gar keinen Platz dafür, weil aktuell nichts passiert. Das sind strategische Themen, die für den Moment noch nicht ganz so interessant sind. 

Wir achten darauf, dass wir im Company-Set Ziele haben, in denen die Abstimmung und Kommunikation untereinander wichtig ist, um die Team-Leader-Meetings interessant zu machen und diese Themen reinzubringen, die entsprechend kommuniziert werden müssen. 


Marco: Ich würde andersherum draufschauen. Wenn du ein Ziel hast und viele Leute der Company dazu etwas beitragen können, ist nicht das Meeting interessant, sondern das Ziel muss das richtige sein. Sonst kannst du auch Pizza bestellen und Netflix anschmeißen. Dann hast du auch ein interessantes Meeting. Es ist die Frage, ob du die richtigen Ziele verfolgst. Ich will nicht, dass du aus der falschen Motivationslage heraus die Inhalte gestaltest. Wenn du ein gutes Ziel hast und viele dazu beitragen können, ist es so gut gebaut, dass du die Kräfte crossfunktional bündelst und in die richtige Richtung treibst. 


Teilnehmer: Danke. 


Marco: Ich danke dir. Sven. 


#01:03:30# Teilnehmer: Meine Frage ist mehr von der Moderationsseite her zu beantworten. Ich stelle häufig fest, dass die KRs häufig Aufgaben oder Wochenverläufe sind, die mal eine Woche gut und die nächste Woche schlecht sind. Da ist also kein Fortkommen gewährleistet, sondern das überwacht nur eine KPI. Oder es sind Projekte, die in die KRs reinrutschen. Ist das eine Frage der Moderation oder der Erfahrung, dass es nach und nach tatsächlich Ergebnisse und nicht Aufgaben sind, die da drinstehen? Oder gibt es bestimmte Techniken, Moderationsideen, wie man da zu besseren Inhalten kommt? 


Marco: Die Antwort liegt wahrscheinlich in der Mitte. Es gibt wahrscheinlich Sachen, wie du Leute da hinführen kannst. Du willst erreichen, dass nicht die Aufgabe da steht und die Bemühung und am Ende hat das nichts gebracht. Wenn ich dir sage, gehe raus und verteile tausend Flyer und du sie verteilst, aber es keinen interessiert hat, habe ich nicht das Ergebnis erzielt, was ich eigentlich erzielen wollte. Es ist hilfreich zu verstehen, was ich erzielen will, bevor ich ins Doing komme. Wenn du irgendwann zu der Erkenntnis kommst, dass es die letzten drei Monate möglicherweise nicht die beste Marketingaktion war, Flyer in der Fußgängerzone zu verteilen, hast du ein Problem, wenn du das als Aufgabe vorgegeben hast. Wenn nur dreihundert Flyer verteilt werden würden, weil nicht genug Leute in der Fußgängerzone waren, wäre es das falsche Denkmuster, zu sagen, dass man sich beim nächsten Mal mehr Mühe gibt. Du solltest eher feststellen, dass es nicht am Verteilen der Flyer hängt, dass Leute in den Laden kommen, und etwas anderes benötigt wird, um den erwünschten Effekt hinzukriegen. 


Wir sprechen hier von Second Level Thinking. Du musst eine Stufe weiter denken, also dir eine Vorgehensweise und ein Ziel überlegen. Die Frage ist, ob die Leute schon in dieser Dimension denken, oder musst du sie möglicherweise mit weiteren Nachfragen da hinführen. Wenn du sagst, dass ihr eher eure Bemühungen gefunden habt und auch wisst, wozu das Ganze gut sein soll, schafft man es meistens, eins weiterzukommen. Du könntest natürlich auch ein Stück weit provozieren und sagen, dass es einfach ganz wegfällt. Was würde dann passieren? Die Antwort ist dann meistens: „Das geht nicht, weil…“ Der spannende Teil ist genau das, was nach dem „Weil“ kommt. Auf diese Art und Weise kann man herausfinden, was das eigentliche Ziel ist und ob man seine Ziele mit der vorgenommenen Vorgehensweise erreichen kann. Aus dieser Klarheit, seine Wünsche ganz genau auszuformulieren, ergibt sich danach möglicherweise eine andere Strategie, die verfolgt werden müsste. Das kommt aber erst, wenn man weiß, was man will. Indem du das Ganze bis ins Detail hinterfragst, wirst du möglicherweise in der Lage sein, Leute eins weiter zu bringen. 


Teilnehmer: Das wäre so etwas Ähnliches wie eine Five-Why-Methodik. 


Marco: Es geht nur um das Why. Wenn du nicht sagen kannst, warum du es eigentlich machst, kannst du es auch weglassen. Und wenn die einzige Begründung ist, dass man nur dafür da ist, das zu machen, müsste ich mich selbst weglassen. Das ist ein berechtigter Punkt und vielmals auch der Grund, warum Leute das nicht sagen. 


Teilnehmer: Das ist ein guter Gedanke, dass man es auch weglassen könnte. 


Marco: Dein Job als Führungskraft ist es, die Mitarbeiter dazu aufzufordern, hier trotzdem Klarheit zu schaffen. Der Job bleibt und es wird nur etwas Sinnvolleres gefunden, was wir mit der Zeit des Mitarbeiters anfangen zu können, um mehr Nutzen für den Kunden zu stiften. Es bringt nichts, Aufgaben zu erledigen, von denen jeder weiß, dass sie sinnlos sind. Stelle dich zum Beispiel nicht bei Corona-Pandemien mit Flyern in die Fußgängerzone.


Du musst die Mitarbeiter dabei unterstützen, diesen Prozess mit geschickten Fragen solange zu gehen, bis man weiß, was das Endresultat sein wird. Wenn das nicht dazu führt, ist es nicht das Mittel der Wahl, Flyer zu verteilen. Das wäre genau die Agilität. Dann kannst du nicht damit weitermachen, sondern musst damit aufhören und etwas anderes suchen, um den Effekt zu erzielen. 


Teilnehmer: Danke. 


Marco: Gerne. Die nächste Frage bitte. 


#01:09:32# Teilnehmer: Meika und ich haben uns für nächste Woche einen Bereich gezogen, beziehungsweise wurden wir von dem Bereich gezogen, um ein Deepdive zu machen, weil sie überlegen, mit OKR zu starten. Wie ihr wisst, hat das bei uns nicht Top-down funktioniert, sondern es ist das passiert, was man eben nicht tun sollte. Wir wollen diesem Bereich auf einer relativ hohen Flughöhe einmal skizzieren, worauf sie sich einlassen. 


Wie starte ich? Ich muss erst mal die Vision formulieren, ich muss die Mission formulieren. Meiner Meinung nach hast du ein paar Sachen vorhin schon angesprochen, also das Topmanagement starten zu lassen, das trainieren zu lassen, das Onboarding und das Know-how für die Mitarbeiter aufzubauen, um zum Zeitpunkt X, wenn alle sich bereit fühlen, mit kleinen Zeitabständen loszulegen und eine Trainingsphase für ein halbes Jahr oder so festzulegen. Vielleicht wurde meine Frage schon beantwortet, aber vielleicht hast du noch weitere Ergänzungen. 


Marco: Deine Frage ist, wie man in einem Teilbereich so eine Einführung startet? 


Teilnehmer: Ja. 


Marco: Damit es für alle Beteiligten angenehm wird, steht und fällt es mit der Bereitschaft, das zu tun. Demzufolge muss man erst mal wissen, was OKR ist, was es von einem will und was es ganz genau erfordert. Im Umfeld eines Konzerns ist es eher ein Transformationsprozess und um eine Transformation mit Menschen erfolgreich hinzukriegen, müssen sie mit den vorhandenen Gegebenheiten unzufrieden sein und brauchen dann eine Vision, die sie als erstrebenswert erachten. Dann braucht es einen glaubwürdigen Plan von A nach B. Diese drei Sachen solltest du herstellen. Du musst sie also fragen, was ihre momentanen Probleme sind. Die Antwort könnte sein, dass sie überfordert sind, zu wenige Ressourcen haben, mit der IT unzufrieden sind und all diese Dinge. Die nächste Frage müsste sein, wie sie sich die Welt von morgen vorstellen. Das sollte natürlich sein, dass sie alle aligned und nicht mehr überfordert sind und pünktlich Feierabend machen können. Ich verstehe das nicht als negatives Motivationsindikationstool, sondern es macht Sinn, pünktlich Feierabend zu machen, sonst ist die Energie irgendwann einfach weg. 


Als nächstes kommt der glaubhafte Plan von A nach B und dann muss sichergestellt werden, dass auch alle an OKRs glaube. Wenn das erreicht wurde, kann man sich dafür entscheiden, OKRs einzuführen. Das bedeutet, dass ihr möglicherweise ein kleines Inhouse-Seminar macht und das ein wenig übt, einen Erfahrungsaustausch mit anderen stattfinden lasst und den versucht, den Schmerz zu lindern. Es bleibt aber eine Transformation. Es ist eine Veränderung. Die Mitarbeiter müssen anders denken als vorher und die Veränderung ist nicht nur wie bei der Freiheit die Freiheit des Andersdenkenden, sondern die Veränderung ist leider immer die Veränderung von mir selbst. Ich muss mich verändern wollen, sonst wird das anstrengend. 


Wenn das Ganze erst mal die nötige Zustimmung erfährt, wäre der nächste Schritt, das Abteilungsteam für ein Quartal die richtigen Ziele erarbeiten zu lassen. Die Abstimmung würde untereinander zwischen den einzelnen Teams stattfinden und nicht mehr auf dem persönlichen Level. Man muss in dem Bereich bleiben. Danach solltet ihr schnell die Iteration fahren, Learnings generieren und überlegen, was einem gut gefallen hat, was sich schon verbessert hat und was nicht so gut gelaufen ist. Wenn irgendetwas nicht gut gelaufen ist, muss man sich fragen, ob man sich möglicherweise nicht an die Regeln gehalten hat. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich einfach nicht an die Regeln gehalten wurde und damit hätte man zumindest nicht bewiesen, dass OKR nicht funktioniert, aber man hätte bewiesen, dass es nicht funktioniert, wenn man es nicht nach den Regeln macht. Das wäre immerhin auch schon eine wichtige Erkenntnis. 


Auf diese Weise kannst du dich langsam hervortasten, um die Akzeptanz zu erreichen und den Gesamtkosmos zu optimieren und die richtigen Entscheidungen zu treffen, um da weiter nach vorne zu kommen. War das hilfreich? 


Teilnehmer: Das war hilfreich. Das war die zwei Stunden wert. 


Marco: Maika, du hast noch eine Anschlussfrage daran, oder? 


#01:14:30# Teilnehmer: Es zielt nicht darauf ab, was Karin gerade mit dem Bereich angesprochen hat, sondern es geht um den Bereich, in dem wir gerade unterwegs sind. Wie sinnvoll ist es, dass alle Ebenen richtige OKR-Sets haben? Aktuell stellen wir nämlich fest, dass es sich gut bewährt, wenn die obersten Ebenen so eine Art Halbjahresfokusthemen den Teams zur Verfügung stellen, unabhängig davon, dass es eine Mission, Vision und so weiter gibt. Du lachst jetzt. 


Marco: Da wird mir gleich anders. 


Teilnehmer: Deswegen frage ich dich. Es werden Leitplanken definiert, die vielleicht vier oder sechs Monate gültig sind und daraus leiten die Teams OKR-Sets ab. Das heißt aber nicht, dass die Führungsebene keine Sets machen will. Das bitte nicht missverstehen. So läuft es gerade aktuell bei uns ab. Ich habe das Gefühl, dass es eine Art Leitplanke ist, wenn die Strategie und die Fokusthemen stehen, und die jeweiligen Teamleiter, Produkt Owner, oder wie man das bezeichnen mag, daraus ableiten, was das für ihr Team bedeutet, die Strategie daraus anpassen, die Roadmap machen und mit dem Team zusammen Sets entwickelt. Das läuft im Moment ganz gut. Ich habe gerade schon herausgehört, dass das keine gute Idee ist. Warum ist das so? 


Marco: Der Fokus für die drei Monate sind ja die OKRs. 


Teilnehmer: Manchmal sind sie aber auch länger. 


Marco: Nein. Zurück zum Anfang: Haben wir ein O formuliert, was in den drei Monaten abgeschlossen ist, oder wollen wir einfach nur auf diesem Pfad wandeln und möglichst weit nach vorne kommen? Dann dauert es länger. Wenn du die Fokusthemen hast und das Os sind und keine Strategien oder strategische Ziele, sind das die Themen für die drei Monate und dann kann jemand, der da drunter sitzt, sich davon etwas ableiten. Das ist nämlich genau das, was in drei Monaten zu erzielen ist. 

Um in Wolfangs Beispiel zu bleiben, diese Kollektion wird am Ende des Quartals gelauncht sein und die wird auch angenommen werden. Dieses neue Geschäftsfeld, in das wir uns begeben, dass wir beispielsweise noch Klamotten produzieren, wird es schaffen. Es geht nicht darum, sich ein bisschen da hinzubewegen und nach den drei Monaten bewegt man sich noch ein bisschen mehr an das Ziel. Das Ziel ist es, einen bestimmten Teil hingekriegt zu haben. 


Darüber liegen die Strategien. Die sind längerfristig, aber Vektoren, also Richtungen und keine Wegpunkte. Auf dem Vektor legt das Quartals-OKRs den Fokus fest und zwar für alle. Davon wird man seine Ziele ableiten können. Jegliche Auflösung von dem deutet darauf hin, dass irgendein anderer Teil der Bausteine, die wir gerade beschrieben haben, wahrscheinlich nicht dem entspricht, was wir wollen. Fühlt sich das Management mit diesen Leitplanken wohler? Die fühlen sich noch wohler, wenn sie zwölf Monate andauern und dann fühlen sie sich richtig wohl, wenn die Leitplanken plötzlich „Businessplan“ heißen. Das ist aber nicht die Idee des Ganzen. Du musst hier wieder umdrehen. 


Du hast gerade gesagt, die Leute entwickeln die Strategien aufgrund der Leitplanken. Die Teams haben schon Strategien, die sie von den Gesamtstrategien abgeleitet haben und dann setzen die Objectives für das Quartal die richtigen Fokuspunkte, dass sie den größtmöglichen Impact auf das liefern, was wir uns als Fokus im Unternehmen gesetzt haben. Das wäre meine Meinung. 


Teilnehmer: Das ist ja auch richtig. Vielleicht ist es die Hürde, die wir da irgendwie nicht gehen, dieses OKR-Sudoku einmal zu machen und sich anzugucken, was wir da niedergeschrieben haben. Wir haben das Gefühl, dass es keine Objectives sind, sie betiteln es aber als Objectives, weil… 


Marco: Da liegt das Problem: der Content passt noch nicht zu dem Baustein, den er sein soll. Das löst du nicht, indem du anfängst, darunter das Modell anzupassen, sondern das löst du idealerweise darin, indem du den Content anpasst. Dann kannst du das Modell nämlich lassen, wie es ist, und dann hast du auch die größte Wahrscheinlichkeit, dass du dich auf dem Pfad am schnellsten wandelst. Da sind wir wieder beim Change vom Anfang. 

 

Teilnehmer: Richtig. Danke. 


Marco: Gerne. Man kann die Aufnahme dann an die entsprechenden Stellen weiterleiten und vielleicht bringt das etwas. Sven. 


Teilnehmer: Wir haben sieben Teams, die alle schöne OKR-Sets machen, aber manchmal gibt es Themen, die durchaus teamübergreifend sinnvoll erscheinen. Das heißt, die haben ähnliche Ideen, wo man ein gutes Alignement zwischen einem solchen OKR-Set aus zwei verschiedenen Teams hinkriegen würde. Das ist nur nicht so transparent, weil es möglicherweise anders formuliert ist und geht ein klein wenig in eine andere Richtung. Wenn du auf beide draufschaust, stellst du fest, dass das eigentlich sehr gut zusammenpasst und beide ihre Ziele besser erreichen könnten, wenn eine gewisse Überschneidung auch berücksichtigt wird. Wir kriegen das nicht hin. Ich weiß nicht, ob es die Transparenz ist oder die Klarheit in der Formulierung. Ich glaube, dass wir da des Öfteren etwas verlieren. 


Marco: Das ist eine Mischung aus beidem. Wenn du dafür sorgst, dass Leute in den Laden kommen, und jemand anderes das gleiche Ziel hat, wird relativ schnell klar, dass beide für das gleiche sorgen. Dann kann man sich überlegen, ob man das in dem Quartal angeht, oder ob etwas anderes angegangen werden muss, weil es doch keinen Sinn macht. Du würdest das durch die Klarheit hinkriegen und gleichzeitig durch die Transparenz. In dem Workshop gehen wir alle Teams durch, die ihre Ziele ganz genau erläutern. Durch diese Transparenz hat die gegenüberliegende Person ebenfalls verstanden, was dahintersteckt und durch diese Klarheit kann man ein viel höheres Alignement herstellen, weil es inhaltlich klarer formuliert ist und transparent gemacht wurde, darüber gesprochen wird und ich dann die Synergieeffekte erkenne. So kriegst du es ganz gut heraus. 


Teilnehmer: Also einfach über den Workshop.


Marco: Der Workshop löst genau dieses Themen, dieses Alignement. Dafür ist der da, für nichts anderes und so ist der Prozess aufgebaut. 


Teilnehmer: Das habe ich verstanden. Danke. 


Marco: Korbinian schreibt mir gerade, dass ich eine Frage übersprungen habe und zwar die zu der Multiprojektsteuerung. Das wollte ich nicht. 


#01:23:01# Teilnehmer: Kein Problem. Ich weiß nicht, ob Multiprojektsteuerung das richtige Wort ist. Ich erkläre es einmal kurz. Wenn ich mir auf Geschäftsführerebene, Bereichsebene und Teamebene OKRs überlegt habe, die natürlich zueinander passen, und aus verschiedenen Teams verschiedene Initiativen raus purzeln, wären das für mich Projekte. Das müssen sie nicht, können es aber sein. Bei uns ist alles sehr stark vernetzt, das heißt, es gibt wenige Projekte, die ein Team für sich löst. Das heißt, es gibt einen hohen Abstimmungsaufwand. Wir haben OKR noch nicht eingeführt, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir es schaffen, diesen Workshop in dieser ganz großen Runde mit allen Teams sozusagen durchzuführen. Die Idee war eher, das pro Team zu machen. 


Marco: Wie viele Teams sind das? 


Teilnehmer: Das ist eine gute Frage. Wir sind 400 Mitarbeiter, aber ich weiß nicht, wie viele Teams es sind. 30? 


Marco: Aber so eine Größenordnung. 30? Das würde man handelsüblich als relativ breite Leitungsspanne bezeichnen. Die Frage ist, ob es sich danach weiter so steuern lassen würde. Um was für ein Geschäftsmodell handelt es sich? Das klingt nach einer Agentur oder so etwas in die Richtung. 


Teilnehmer: Nein. Das wäre Leasing. 


Marco: Da müsste man über den Aufbau und Schnitt der Teams nachdenken. Mit dreißig Leuten willst du keinen Workshop oder jede Woche so eine Abstimmung machen. Das hätte einen geringen Effekt. Da muss man sich die Frage stellen, ob da nicht eine Verdichtungsebene fehlt. Das muss möglicherweise anders geschnitten sein. Sind das wirklich 30 Teams auf Augenhöhe, oder ist da eine versteckte Hierarchie drin und man will diese nur nicht in den Vordergrund heben? Zunächst wäre der Schritt, den Aufbau der Reporting-Strukturen noch einmal zu überprüfen, ob das an der Stelle der sinnvollste Schnitt ist. 


Teilnehmer: Entweder habe ich es nicht richtig ausgedrückt, oder bisher nicht richtig verstanden. Es gibt bei uns zwei Geschäftsführer und sieben Bereichsleiter und darunter gibt es diese vielen Teams. Die Verdichtungsebene sind die Bereichsleiter, aber ich hatte es so verstanden, dass es erwünscht ist, dass man sich auf Teamebene Transparenz schafft. 


Marco: Das kommt darauf an, wie man die einzelnen Bereiche nennt. Wenn ihr sagt Geschäftsführung und Bereichsleiter, wäre das die Zusammensetzung des Workshops. Und die Bereichsleiter als solche sind dann in der Lage und dafür verantwortlich, das in den Teams zu koordinieren, zu diskutieren, Erkenntnisse zu gewinnen, darüber abzustimmen, was der Bereich als OKRs abliefert und so weiter und so fort. Da kaskadiert das. Ich habe das falsch verstanden. Ich dachte, es wären 30 gleichberechtigte Teams. 


Teilnehmer: Aber selbst wenn die Bereichsleiter sich abstimmen, kommen doch in den Teams verschiedene Initiativen. Du hattest vorhin das Beispiel IT. In der Regel will jeder etwas von der IT. Da gibt es Abstimmungsbedarf, der entsteht, nachdem ich auf Teamebene meinen Bedarf formuliert habe. Verstehe ich das richtig? 


Marco: Die Teamebene kaskadiert auf die Bereichsebene und wenn die Bereichsebene dafür sorgt, dass das Thema drankommt, habe ich automatisch eine Priorisierung. Dann könnte ich auf Teamebene zur IT gehen und meine Wünsche äußern. Wenn ich das nicht habe, kann ich nicht mitspielen. Demzufolge muss das alles über diesen zentralen Prozess gesteuert werden, weil du es durch einen Engpass fahren musst, sonst kannst du nicht entscheiden, was zu priorisieren ist. Wenn jeder versucht, an die IT-Ressourcen ranzukommen, bist du keinen Meter weiter als vorher. Demzufolge löst sich das über die Verdichtung der Teams auf die Bereiche. Dort werden die großen Themenfelder entschieden, die priorisiert werden und demzufolge richtet sich die IT-Ressource nach den Priorisierungen in dem Bereich und daraus abgeleitet in den Team-Sets und dann kriegst du die Unterstützung. 


Am besten denkt man darüber nach, wie man diese Abhängigkeiten loswird. Lohnt es sich vielleicht, die IT-Ressourcen den Teams fix zuzuordnen und somit crossfunktionale Teams zu bauen? Das letzte, was du in dem System haben willst, wären Abhängigkeiten. Du willst nicht dauernd über Abhängigkeiten diskutieren, sondern es geht darum, autarke Teams zu erhalten, die ihre Ziele mit den vorhandenen Ressourcen eigenständig lösen. 


Teilnehmer: Das ist noch ein weiter Weg. 


Marco: Das sind die Denkanstöße, die euch in die Richtung führen können. 


Teilnehmer: Danke schön. 


Marco: Sehr gerne. Drei kriegen wir noch unter. Max, deine sollte schnell beantwortet sein. 


#01:28:44# Teilnehmer: Wo seht ihr den Vor- und Nachteil bei persönlichen OKRs? Ich finde es gut, wenn ich das Firmen-OKR-Set habe und davon meine Abteilungssets ableite. Ich sehe bei uns wenig Sinn darin, auf persönliche OKR-Sets herunterzugehen, weil das oft wieder zu einer Art Aufgabenliste wird. Das wird zu kleinteilig. Wie ist eure Einstellung dazu? 


Marco: Wenn du so etwas wie ein Scrum-Team hast, braucht es keine persönlichen Sets, weil der Scrum-Prozess das löst, was das Individuum in diesem ganzen Konstrukt macht. Wenn du das nicht hast und einen hochrepetitiven Anteil hast, Callcenter-Mitarbeiter zum Beispiel, macht das ebenfalls wenig Sinn. Dann bleibst du auf der Teamebene. Wenn du ein hochdifferenziertes Aufgabenfeld hat, zum Beispiel Marketing, ist es etwas anderes, SEO zu machen als Facebook zu machen. Da kannst du einen großen Benefit daraus generieren, wenn du das Marketingziel auf die einzelnen Personen, die für SEO, Facebook et cetera verantwortlich sind, herunterbrichst. So würdest du den inhaltlichen Austausch über das OKR-System hinkriegen. Da ist es sehr wertvoll. 


Teilnehmer: Bei uns wäre es dann eher Ersteres. 


Marco: In dem Fall solltest du auf Teamebene bleiben. Bei Entwicklerteams und so, mit Scrum auf Teamebene und hochrepetitive Storefront und so weiter. 


Teilnehmer: Das passt. Danke. 


Marco: Gerne. Was habe ich noch übersprungen? Mela. 


#01:30:43# Teilnehmer: Das war eigentlich nur eine rhetorische Frage, ob OKR ein Mindset oder eine Methode ist. 


Marco: Für uns ist es eine Weltanschauung. 


Teilnehmer: So ist es. Da ist auch ein kleines Smiley dahinter. Ich denke, dass es in solchen komplexen Situationen unmöglich ist, ein Framework, eine Methode als Rezept anzusehen, sondern dass es immer auch eine Herzenssache ist, die man fühlen muss, sonst bringt es einfach nichts. 


Marco: Absolut. 


Teilnehmer: Von daher war das keine Frage. 


Marco: Es war eher eine Unterstreichung. Sehr gut. Ich bin sehr dankbar dafür, weil genau das macht es für uns so emotional, da auch reinzuspringen. Wir wollen natürlich, dass es sich verändert. Wir hatten vorher festgestellt, dass die Methode stimmen und man die richtigen Ziele intellektuell finden muss. Du musst es wollen, fühlen und eine Veränderungsbereitschaft haben und wenn du inhaltlich dagegen sein solltest, weil sich irgendetwas in dir sträubt, wirst du keinen Erfolg haben. Deswegen ist es für uns eher eine Weltanschauung als ein Framework, was sich in großen Teilen von dem unterscheidet, was du dazu googeln kannst. 


Teilnehmer: Das ist letztendlich wie bei allen Sachen, die man in der agilen Welt leben muss. Das ist wie Agile oder Doing-Agile. Es ist ein riesen Unterschied, ob ich OKRs einfach nur anwende, weil ich das Buch von Doerr gelesen habe, oder… 


Marco: Und das ist schon infrage zu stellen in vielen Teilen. 


Teilnehmer: Ich muss es in meinem Alltag leben und den kann ich nicht nach Rezepten leben. Das geht ja in ein Führungs-Mindset über. Das ist etwas komplett anderes. 


Marco: Absolut. Der eine oder andere der hier Anwesenden hat den harten Prozess mit uns schon erlebt. Wir fragen uns immer, was alle immer mit Beispielen wollen. Wie du sagst, man muss es anfangen zu fühlen, wo mich das hintreiben will. Ich muss anders denken und dadurch komme ich zu den richtigen Antworten. Wenn ich mir Beispiele raussuche, habe ich Beispiele und kann diese übersetzen, was aber meinen Denkprozess nicht ändert. Genau deswegen würde ich das unterstreichen, dass der Unterschied genau da drin liegt. Vielen Dank. Das freut mich sehr, dass du das auch so siehst. Dann haben wir die letzte Frage. Philipp. Erste und letzte Frage, das ist doch gut. 


#01:33:25# Teilnehmer: Herzlichen Dank an euch und auch an alle anderen. Das war mal wieder super interessant. Ich gucke auf die Videos immer mit größter Spannung. Vielleicht kannst du zum Schluss noch mal sagen, wie man mit Teams umgeht. Du hast gerade schon von diesen hochrepetitiven Aufgaben gesprochen. Ich meine so etwas wie Support oder Verwaltung, die weniger strategische Arbeit machen wie beispielsweise ein Marketingteam, sondern deren Hauptaufgabe ist, Kundenprobleme zum Beispiel anzunehmen und zu lösen. Wie kriege ich die dazu, da mit reinzuspringen? 


Marco: Die kriegst du ganz einfach dazu. Man muss die Rolle klären. Das Team ist nicht dazu da, an das Telefon zu gehen, auch wenn die KPIs es oftmals so beschreiben. Sondern genau, wie du gesagt hast, sind sie dafür da, die Kundenprobleme zu lösen. Das fängt damit an, dass der Kunde per se gar nicht anrufen wollte. Also sind die Personen die Verteidiger des Kunden, weil der Kunde gar nicht anrufen wollte. Wir müssen gemeinsam herausfinden, warum er hat anrufen müssen und wie wir das Problem schnellstmöglich gelöst kriegen, um dafür zu sorgen, dass der nächste Kunde nicht mehr dasselbe Problem hat. Es geht nicht mehr darum, am Tag tausend E-Mails zu beantworten, sondern herauszufinden, was das Problem ist und einen Lösungsansatz zu finden, damit es bei meinen Kunden nicht mehr vorkommt. 


Damit wird der Job deutlich inhaltlicher, weil ich aus Customer-Care-Sicht heraus plötzlich einen Auftrag habe, den ich mit IT durchboxen muss und wo ich mit Marketing in den Dialog treten muss. Es ist plötzlich nicht mehr ein reines Abarbeiten von den Dingen, die reinkommen, sondern man muss dafür sorgen, dass der Kunde am Ende des Tages zufrieden ist und idealerweise nicht mehr anrufen muss. Dann ist es nicht mehr so repetitiv, sondern dann muss man analysieren, was die größten Fälle sind und wie man diese gelöst kriegt. Und schon habe ich eine inhaltliche Auseinandersetzung in den OKRs, die dann dazu führen, dass das Telefon in Zukunft deutlich seltener klingelt. Für die anderen Fälle kann ich natürlich dann auch so ein bisschen in das Housekeeping gehen und das sogenannte Tagesgeschäft dort abbilden. Wie lange dauert es beispielsweise, ein Ticket anzulegen? Der Prozess ist doof. Wenn man alle Felder ausfüllt, dauert es 3 Minuten und 47 Sekunden. Wie kriegen wir es hin, dass man das Ticket schneller anlegen kann? So kannst du dein Tagesgeschäft ganz deutlich da abbilden. 


Teilnehmer: Das ist ein super Input. Es hilft immer, wenn jemand von außen draufguckt und ein bisschen Input gibt. Oftmals hat man ja so ein bisschen die Grenzen links und rechts vor Augen. 


Marco: Schräg außen könnte ich anbieten. 


Teilnehmer: Hervorragend. Vielen Dank. 


Marco: Freut mich, dass wir das noch geklärt haben. Damit sind wir mit allen Fragen durch. Der letzte Punkt war Literatur. Das ist schwierig. Wir können nichts empfehlen, was wir nicht selbst geschrieben haben. Das wäre Quatsch. Dazu haben wir zu wenig geschrieben. 


Wo man es nachlesen kann, wie wir glauben dass es geht, ist dieser T3N-Guide. Doerr ist sicher spannend. Da gibt es eine Menge Geschichten. Das ganze Silicon-Valley-Zeug ist ebenfalls interessant, hat aber relativ wenig Praktisches und Anwendbares, wie ich finde. Da gibt es viele Sachen, von denen wir glauben, dass es so wahrscheinlich eher nicht geht. 


Ich habe intern mal versprochen, dass ich aufschreiben werde, wie wir das alles so sehen. Das beantwortet aber heute deine Frage noch nicht. Zu OKRs gibt es nicht wirklich etwas. Man kann zu der Welt um OKRs extrem viel sehr gute Sachen lesen, also so etwas wie Ray Dalio, Principles. Wer das versteht, versteht das Mindset. Das ist so Higher Level Thinking, diesen sehr iterativen Learning-Prozess. Ich würde empfehlen, das zu lesen und dann geht OKRs von der Hand, weil man dann weiß, worum es bei dem ganzen Ding eigentlich geht und dann kommt man in dieses Mindset. Das wird hoffentlich die Frage beantworten. 


Wir haben ein bisschen überzogen, aber ich hoffe, es war für euch alle noch unterhaltsam und hat ein bisschen Nutzen gestiftet. Wir werden das bald veröffentlichen und dann könnt ihr es dem einen oder anderen Kollegen vielleicht schicken, wenn man die Antworten auf die Fragen braucht. Ansonsten würden wir uns freuen, wenn ihr bei der nächsten Folge wieder dabei seid. Vielen Dank für eure Zeit und einen angenehmen Abend.