Franziska Heisler über ihre Rolle als OKR-Champion bei crossinx
Monika Tartler
crossinx ist der führende deutsche Anbieter für Financial Business Collaboration und bietet zertifizierte Lösungen für elektronische Rechnungsverarbeitung, EDI und Lieferketten-Finanzierung. Mit einem Abrechnungsvolumen von mehr als 25 Milliarden Euro und über 160 national und international agierenden Mitarbeitern gilt die in Frankfurt am Main ansässige Organisation als Vorreiter im B2B-FinTech-Markt. Über 350.000 Unternehmen tauschen mittlerweile ihre Dokumente über das Netzwerk des 2007 gegründeten Unternehmens aus.
Um crossinx bei weiterem Wachstum auf Kurs zu halten, begann Gründer und CEO Marcus Laube vor eineinhalb Jahren mit der Einführung des OKR-Modells. Franziska Heisler, Quality und Compliance Managerin des Unternehmens, begleitet die Transformation seitdem als OKR-Champion. Im Interview spricht sie über die Herausforderungen, die diese verantwortungsvolle Aufgabe mit sich bringt und die positiven Impulse, von denen crossinx durch das agile Framework profitiert.
Murakamy: crossinx ist ein Anbieter für elektronische Rechnungsverarbeitung. Wie funktioniert euer Geschäftsmodell genau?
Franziska Heisler: Wir unterstützen Unternehmen dabei, ihre Finanz- und Bestellprozesse zu digitalisieren. Mit unserem Netzwerk verbinden wir Organisationen und Kommunen weltweit mit ihren Kunden, Lieferanten, Finanzverwaltungen, Marktplätzen und Finanzierungsplattformen. Jedes beliebige ERP-System kann daran angebunden werden. Ob Einmannbetrieb oder Großkonzern, unsere Lösungen für E-Invoicing, EDI und Supply Chain Finance sind maßgeschneidert und jederzeit skalierbar. Somit ermöglichen wir unseren Kunden, ihre administrativen Prozesse sehr gut dezentral und vom Home Office aus zu erledigen.
M: Vor eineinhalb Jahren begann crossinx mit der Implementierung des OKR-Frameworks. Welche Impulse haben dazu geführt?
FH: Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen und mussten deshalb unsere Struktur neu ausrichten. Vor allem, was die Kommunikation und die Abstimmung der Abteilungen untereinander angeht. Dabei waren uns die Themen Transparenz, Fokus und strategische Ausrichtung immens wichtig. Die OKR-Methode macht sehr deutlich, wo wir mit dem Unternehmen genau hinwollen und was jede Abteilung dafür leisten kann, um unsere definierten Ziele auch zu erreichen.
M: Anlässlich der Einführung habt ihr euch Unterstützung von Murakamy geholt. Wie wichtig war ein „Blick von außen“ deiner Meinung nach für eine gelungene Transformation mithilfe von OKR?
FH: Natürlich hatte ich mir vorher einige Videos zum Thema OKR angesehen – und den Rahmen der Methodik auch verstanden. Aber die Umsetzung hat es ganz schön in sich… Das alleine bewältigt zu bekommen, stelle ich mir wirklich schwierig vor. Man ist ja schon ein bisschen in seinem Unternehmen „gefangen“ und deshalb kann es nur von Vorteil sein, einen erfahrenen OKR-Coach als Sparringspartner zu haben, der auch noch einmal andere Impulse gibt.
M: Als OKR-Champion ist es deine Aufgabe, die Organisation über den gesamten Prozess zu unterstützen und die Implementierung zu steuern. Wie schnell war klar, dass du diese Rolle übernehmen würdest?
FH: Das war relativ schnell klar. Durch meine Tätigkeit als Quality und Compliance Managerin, die ich nun seit zwei Jahren bei crossinx ausübe, habe ich einen sehr guten Überblick über alle Prozesse im Unternehmen. Als OKR-Champion hilft es einem natürlich sehr, wenn man weiß, wie die Abläufe in den einzelnen Abteilungen sind – und wo bei dem einen oder anderen auch mal „der Schuh drückt“.
M: Wovor hattest du am meisten Respekt, was deine Aufgaben bzgl. deiner Rolle als OKR-Champion betreffen?
FH: OKR-Champion zu sein ist eine sehr herausfordernde Aufgabe, weil man schließlich die große Verantwortung mitträgt, dass jede Abteilung mit den verabschiedeten OKR-Sets in den nächsten Wochen bzw. Monaten gut arbeiten kann. Und ich möchte dafür natürlich einen möglichst guten Beitrag leisten – so dass es auch für alle verständlich ist, warum wir das tun.
Zu Beginn war vor allem die Aussicht darauf, dass ich in Zukunft die Leitung der OKR-Workshops übernehmen sollte, ziemlich respekteinflößend für mich. Zwei ganze Tage hintereinander das Unternehmen durch so einen Workshop zu führen, ist höllisch anstrengend. Man muss hochkonzentriert bleiben, um auch alle Diskussionen einzufangen. Die unterschiedlichsten Ansichten der Mitarbeiter so diplomatisch wie möglich unter einen Hut zu bringen, ist nicht immer einfach. Wenn man dann aber am zweiten Tag merkt, was man alles geschafft hat, ist das ein tolles Gefühl! Und mit der Zeit entwickelt man mehr Routine und wird sicherer.
M: Wieviel Aufwand bedeutet es für dich in deinem Daily Business, OKR-Champion zu sein? Wie schaffst du es, diese Rolle mit deinem Job als Quality und Compliance Managerin in Einklang zu bringen?
FH: Das ist ganz unterschiedlich. Es kommt immer auf das Quartal an und darauf, welche Themen gerade anstehen. In den ersten beiden Wochen nach dem OKR-Workshop sind schon immer noch viele Fragen vorhanden. Ich schaue danach auch noch mal mit etwas Abstand in die jeweiligen OKR-Sets und checke, ob wirklich alle crossfunktionalen Alignments zusammenpassen. Ich habe tolle Kollegen, die mich da alle sehr unterstützen. Die Tür zur Geschäftsleitung steht auch immer offen, wenn ich Fragen habe oder Hilfe brauche.
Abgesehen von den Workshops versuche ich, mir in einer Arbeitswoche Time-Slots zu nehmen, in denen ich sozusagen meine „OKR-Brille“ aufsetze und mich rein mit dem Thema OKR beschäftige, mir also weiterhin die Sets der Teams anschaue und prüfe, ob auch alles protokolliert wird oder ob etwas fehlt. Das Arbeiten mit den Objectives and Key Results funktioniert sehr gut, wir sind schon darauf eingespielt.
M: Als OKR-Champion trägst du eine hohe Verantwortung für den Erfolg des Change-Prozesses. Wie gehst du mit dem Druck bzw. auch mit Frustrationserlebnissen um?
FH: Natürlich trage ich als OKR-Champion die Verantwortung dafür, dass alle Prozesse auch so laufen wie sie sollten. Aber wir arbeiten ja alle zusammen als Team an den Sets. In den Workshops schauen wir gemeinsam auf alle Themen – und jeder Abteilungsleiter muss für sich einschätzen, was für ihn sinnvoll erscheint und ob die formulierten Ziele so realistisch sind, dass man sie auch erreichen kann. Da ist ein großer Teamgedanke. Denn in der Umsetzung tragen das Thema alle gemeinsam, das hängt nicht bloß an mir, sondern ist eine tolle Zusammenarbeit.
M: Mitten in eurem ersten Workshop mit Mathias von Murakamy kam für crossinx ein besonderer Deal zustande. Wie wichtig war es gerade in dieser Phase, auf ein Framework wie OKR zu setzen?
FH: Es ging um einen großen Deal in der Schweiz, wofür es eine Ausschreibung gegeben hatte. Es wurde ein technischer Partner als Provider für das Bankengeschäft gesucht. Die OKRs zu dieser Zeit festzulegen war insofern sehr schwierig, als dass wir ja noch nicht absehen konnten, ob wir den Zuschlag für dieses Projekt bekommen oder nicht. Falls ja, wäre unser komplettes Quartal eigentlich erst einmal nur darauf ausgerichtet gewesen. Da der Deal aber dann plötzlich zustande kam, war auf einmal die Expansion in die Schweiz das Top-Thema und hat kurzfristig alles verändert.
Das Timing war zwar schwierig, aber im Nachhinein betrachtet doch gut, denn so konnten wir diese Aufgabe zusammen mit der Unterstützung von Mathias meistern und waren nicht auf uns alleine gestellt. Das war wie eine „Feuerprobe“. Jetzt wissen wir, wie wir damit umzugehen haben, wenn sich kurzfristig alles ändert und wie wir solche Projekte innerhalb der OKR-Methode gestalten können.
M: Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen in Sachen OKR-Implementierung, die es zu überwinden galt bzw. vielleicht immer noch gilt?
FH: Eine große Herausforderung liegt in der Integration der OKRs ins Tagesgeschäft. Wenn sich beispielsweise neue Projekte ergeben, mit denen man in dem Quartal nicht gerechnet hat. Die Formulierung der OKRs ist dementsprechend das A und O. Und es ist gar nicht so leicht, wirklich gute Objectives and gute Key Results wörtlich auf den Punkt zu bringen. Diesbezüglich hatten wir ein massives Learning in den ersten Quartalen. Dieses Thema hat sich weiterhin entsprechend durchgezogen. Als anfangs zwei Wochen nach der Definition der ersten OKRs viele Unklarheiten aufkamen, haben wir trotzdem weiterhin an der Formulierung festgehalten und versucht, eine gemeinsame Lösung zu finden. Sich dazu zu zwingen, damit zu arbeiten, führt natürlich dazu, dass man im neuen Quartal bei der Definition der OKRs noch einmal genauer darüber nachdenkt, ob es wirklich das ist, was man erreichen möchte.
M: Wie kommt das OKR-Modell bei der Belegschaft an? Was bedeutet das Framework für die Unternehmenskultur?
FH: Zu Beginn kam gegenüber dem Thema schon eine gewisse Skepsis auf. Die Teams waren sowieso schon sehr gut ausgelastet und dann mussten auch noch zusätzliche Workshop- und Meeting-Termine untergebracht werden. Ein regelmäßiger Austausch über die OKRs gehört aber inzwischen zum Arbeitsalltag dazu – und wird mittlerweile auch sehr gut angenommen.
Neben unserem Standort in Deutschland haben wir eine Dependance in Moldawien, von der aus das ganze Thema OCR, also Zeichenerkennung, und auch unsere Entwicklung gehandhabt wird. Vor allem von den Kollegen dort gab es durchweg positives Feedback, da die OKR-Methode die Transparenz erhöht und die Kommunikation verbessert. Es wird viel klarer, woran wir gerade genau arbeiten – und jeder leistet einen Beitrag dafür, dass die Ziele in dem jeweiligen Quartal auch erreicht werden. Die Strukturen sind für alle gleich; das löst eine große Verbundenheit aus.
M: Was sind weitere Benefits, die ihr im Laufe des Transformationsprozesses seit der Einführung von OKRs erzielen konntet?
FH: Wir sind auf jeden Fall strukturierter geworden! Zu wissen, was die Fokusthemen sind, wer gerade an was genau arbeitet und welche Prioritäten definiert worden sind, ist ein absoluter Pluspunkt. Durch die wöchentlichen Meetings ist man gezwungen, sich auszutauschen und Stellung zu beziehen. Das diszipliniert sehr. Außerdem hat man seine Ressourcen viel besser im Blick. Als Resultat arbeiten alle zusammen statt jeder für sich in seiner „Blackbox“. In den Verhandlungen während der OKR-Workshops wird sehr intensiv diskutiert – man muss seine Komfortzone verlassen. Und genau das braucht es, um zielgerichtet in ein neues Quartal einsteigen zu können.
Was wir noch lernen müssen, ist, uns ein bisschen mehr zu feiern! Wir sind sehr fleißige „Arbeitsbienen“, haken Sachen nach einem Quartal ab oder nehmen sie mit ins nächste, wenn sie noch nicht fertig sind. In den OKRs ist so viel konsolidiert – aber die vielen kleinen Erfolge, die man hat, feiert man viel zu selten. Das möchte ich im nächsten OKR-Workshop auf jeden Fall ansprechen.
M: Inwieweit hat sich die Corona-Krise auf eure OKRs ausgewirkt? Wie nützen sie euch in Zeiten von Remote Work?
FH: Vor unserem letzten OKR-Workshop im April haben wir wirklich überlegt, ob wir ihn trotz Corona und den Maßnahmen, die damit verbunden sind, überhaupt durchziehen sollen. Dann war aber relativ schnell klar, dass wir nicht darauf verzichten wollen. Mathias von Murakamy hatte mir einen Tipp für ein Online-Tool gegeben, eine digitale Pinnwand sozusagen, die wir dann im Home Office über Microsoft Teams geteilt haben. Das hat auf dem digitalen Weg sehr gut funktioniert.
Für crossinx ist das OKR-Modell ein großer Gewinn. Dafür spricht, dass wir uns mittlerweile gar nicht mehr vorstellen können, ohne OKR zu arbeiten. Das hat uns die Corona-Krise auch noch einmal bewusst gemacht. Wir machen weiter wie gehabt, auch wenn gerade remote gearbeitet wird. Gerade dann ist die Methode umso wichtiger, weil sie eben die benötigte Struktur gibt.
M: Welche Tipps kannst du anderen OKR-Champions für ihre bevorstehende Aufgabe geben? Was sind deine größten Learnings?
FH: Immer kleine Schritte machen, einer nach dem anderen! Am Anfang hat man dieses „overwhelming feeling“. Gedanken wie: Was kommt da eigentlich alles auf mich zu? Das ist alles so viel, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll… Es hilft, zu versuchen, dieses große Projekt in kleine, überschaubare Schritte zu unterteilen. Ein solcher Schritt wäre zum Beispiel, sich zu überlegen, wie die Meetingstruktur aufgebaut wird und wer an welchem Meeting teilnehmen sollte. Ein anderer Schritt könnte sein, sich mit den entsprechenden Tools auseinanderzusetzen und eine Entscheidung hierzu zu treffen. Durch die Aufteilung in kleine Schritte wird der Arbeitsaufwand überschaubar und lässt sich neben der normalen Rolle besser bewältigen.
Natürlich hilft auch ein reger Austausch mit den Kollegen. Und wenn man wirklich mal nicht weiterweiß, kann man auch immer noch das Telefon in die Hand nehmen und bei Murakamy anrufen. (Lacht.)
Vielen Dank, liebe Franziska, für diesen spannenden Einblick in deine Rolle als OKR-Champion und weiterhin viel Erfolg bei crossinx!
Interview & Text: Anika Keller
Wir hoffen, der Artikel kann ein paar hilfreiche Impulse geben! Unser Content ist immer darauf ausgerichtet, Fragen zu den Themen Vision, Strategie & OKR zu beantworten. Wir freuen uns über Feedback & Anregungen in den Kommentaren!